Frankfurt Rundschau
29. Oktober 2001

Spurensuche in Nagasaki
Christof Nel bringt in Frankfurt "Butterfly" aufs Tableau

Von Hans-Klaus Jungheinrich

Warum beginnt Madame Butterfly ausgerechnet mit einer erregten Orchestereinleitung, die wie eine Fuge daherkommt? Das altmeisterlich polyphon anhebende Tonstück (der junge Puccini hatte sich in Kirchenmusik geübt) konnotiert hier natürlich keine gestelzte Würdeform, eher Geschäftigkeit - beim Opernanfang geht es ja um Hochzeitsvorbereitungen. Aber die wilden, in peitschende Akkorde übergehenden Klangfiguren (wie alle Entrée-Einfälle Puccinis wird das Fugatothema noch ein paarmal im weiteren Aktverlauf wiederholt, bis es sich sozusagen verbraucht hat) drückt noch mehr aus: Unerbittlichkeit; finstere Schicksalsmacht; Tod. In seiner Frankfurter Neuinszenierung lässt Christof Nel den Tod als Person in weißer Maske zu diesen Takten mit dem Dolch die typische Seppuko-Geste ausführen.

Die in einem separaten Ausschnitt hoch oben platzierte Todesikone (der Mime Willy Forwick) ist zugleich der Vater Cio-Cio-Sans, der Hauptfigur, die ebenfalls (und wie unter väterlichem Diktat) den "ehrenvollen" Selbstmord - bei ihr ist er das Ende einer illusionistischen Ehe - wählt. Eine zweite stumme Figur wird in der Aufführung nach und nach immer auffälliger und zentraler: Butterflys und Pinkertons gemeinsamer Sohn. Nicht wie gewöhnlich wird er gezeigt als Kleinkind im 2. und 3. Akt; da scheint er nur in Fotografien anwesend, in denen die Mutter wühlt und die sie dem bekümmerten amerikanischen Konsul Sharpless zeigt. Der Sohn ist von vornherein präsent als Halbwüchsiger, der, von Amerika in die Ursprungsheimat zurückgekehrt, bei der Spurensuche in Nagasaki die verzweifelte Liebesgeschichte seiner Mutter nochmals und hellsichtig durchlebt (emotional zum Schluss hin sich steigernd: Max Urlacher).

Mit seiner komplexen Erzählstruktur macht es Christof Nel den Zuschauern, die bei Madame Butterfly lineare Melodramatik gewohnt sind, nicht leicht. Die Perspektive des Sohnes ist erst nach und nach als mit der Haupthandlung verklammerter Rahmen entschlüsselbar. Die Anwesenheit dreier Generationen (auch des toten Vaters) scheint überdies eine schöne Reverenz vor der fernöstlichen Sozialpsychologie, ihrem Ahnen- und Familienkult. Nels Lesart, die alles augenfällig Japanische, allen Nippon-Nippes, mit geradezu eskapistischer Energie verbannt, ist demnach in ihrer interpretatorischen Tiefenschicht um vieles "japanischer" als das übliche pittoreske Japan-Herbeizitieren.

Ohne Klischees hantiert auch das Bühnenbild von Jens Kilian. Für den Einheitsschauplatz setzt es hinter die relativ untiefe Spielfläche eine dunkle Wand, in die verschiedene Rechtecköffnungen in unterschiedlicher Höhe eingelassen sind: Möglichkeiten für differente Ebenen und Trennungen. Der fatale Bonze oder die amerikanische Mrs. Pinkerton sind dergestalt nur am Rande (ihr Ort ist ein eigenes schmales Garten-Tableau) integriert, und auch Pinkertons letzter hilfloser Anruf im isoliert erleuchteten Kasten mutet wie eine geisterhafte Erscheinung an. Die Kostüme (Ilse Welter) sind fast durchweg modern-europäischen Zuschnitts, auf japanische Gesichts-Kosmetik wird verzichtet.

Plausibel unkonventionell die Personenzeichnung. Nels Deutung versagt sich die antiamerikanische Pointe: Das Heiratsgeschäft ist japanische Sache und fast ein Fall von Kinderprostitution, Agent dafür der schmierige Goro (treffend: Hans-Jürgen Lazar). Eine akkurate Studie der Konsul von Zeljko Lucic, ein in Maßen mitfühlender, vom japanisch-amerikanischen Liebesdebakel eher belästigter als echauffierter Mann mit dem nüchternen Touch einer Chandler- oder Hammett-Gestalt. Neben seinem mächtigen Bariton hat es der Pinkerton-Tenor von Bojidar Nikolov im Duett etwas schwer, sich zu behaupten; Nikolovs angenehme, ein wenig schmale Stimme bekommt im dritten Akt nur wenig Gelegenheit, ihre Leuchtkraft nochmals zu bewähren. Pinkerton wird als hübscher, aber verklemmt-unerfahrener Junge exponiert, der, alles andere als ein Draufgänger, der Liebesnacht (erster Aktschluss) reichlich bänglich entgegenzittert.

Cio-Cio-San scheint um einiges erfahrener, und doch ist sie es, die erotische Unbedingtheit verkörpert. Georgina Lukács bringt für die Partie eine große, mächtige, gelegentlich auch ungefüge Stimme mit und darstellerisch eine durch eine gewisse Robustheit um so anrührendere Leidensfähigkeit. Das "große Warten" am Ende des 2. und Anfang des 3. Aktes (in seiner Ruhe ein Gegenkonzept zu Schönbergs hochexpressionistisch-hysterischer Erwartung) wird in dieser Aufführung beinahe unterlaufen, indem Nel den "instrumental" imaginierten Summchor als Spukgestalten eines Alptraums auftreten lässt und sogar die koloristischen "Hoje"-Rufe anschließend (Puccini erinnerte sich dabei an die gerade bekannt gewordene Pelleas-Partitur Debussys) als penetrierenden Matrosen-Spottchor (differenziert gestalteter Choranteil in der Einstudierung von Andrés Máspero) abbildet.

Nach Tosca war dies in kurzem Abstand eine zweite, szenisch fast noch avanciertere und bedeutendere Frankfurter Puccini-Tat (sie wäre dramaturgisch vielleicht noch durchschlagender gewesen, wenn man die Urfassung des Werkes gewählt hätte). Am Dirigentenpult stand diesmal nicht Paolo Carignani, sondern der Gast Yoram David, der einen merklich ungeschönten Orchesterklang favorisierte, beweglich, aber auch mit Rauheiten, ohne das sonst oft allzu Zuckersüße (die berüchtigten "Pfefferminzakkorde" beim ersten Auftritt Butterflys, der hier eher im Rahmen einer schäbigen Nutten-Parade geschah) einer sentimentalisierten, vom tödlichen Ernst der von "unmöglicher Liebe" erfüllten Musik ablenkenden Diktion.

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Dokument erstellt am 28.10.2001 um 21:56:36 Uhr
Erscheinungsdatum 29.10.2001

 

29. Oktober 2001

Kein Land des Lächelns
Christof Nel inszeniert "Madame Butterfly" an der Frankfurter Oper

Von Klaus Trapp

Schon vor dem Beginn verübt ein maskierter Darsteller mehrfach Harakiri in Zeitlupe, das tragische Ende von Puccinis "Madame Butterfly" vorwegnehmend. Diese symbolische Pantomime geschieht hoch oben auf der Bühne, in einer jener rechteckigen Öffnungen, die den schwarzen Hintergrund asymmetrisch durchbrechen und Simultanauftritte ermöglichen. Christof Nel möchte in seiner Frankfurter Inszenierung der Erfolgsoper das "Skandalöse" zeigen, das sich in diesem Stoff verbirgt. Ihn interessiert weniger die unglückliche Liebesgeschichte zwischen der zarten Geisha Cio-Cio-San, genannt Butterfly, und dem leichtfertigen amerikanischen Marineleutnant Pinkerton, als das unentrinnbare Dilemma, das sich aus dem Zusammenprall zweier Kulturen ergibt, und der Zwang, der von den althergebrachten Gesetzen der japanischen Familie ausgeht.

Jens Kilians albtraumhaftes Bühnenbild verzichtet fast ganz auf jene exotischen Details, die man aus traditionellen Inszenierungen kennt. Farb- und Formsymbole beherrschen die Szene: vom schwarzen Ambiente hebt sich ein blutroter Streifen ab, der wie ein senkrechter Schnitt wirkt. Das Weiß zweier spanischer Wände korrespondiert mit der Farbe von Butterflys Hochzeitskleid. Schmale Wassergräben flankieren die Bühne und zeigen die kaum zu übersteigenden Grenzen auf, die den Personen gesetzt sind. Alle drei Akte spielen in diesem nur in Nuancen veränderten, strengen Bild. Die Kostüme von Ilse Welter deuten auf dezente Weise den Ort der Handlung an, etwa die Kimonos, in die einzelne Figuren gehüllt sind.

Exotik in stilisierter Form ist in der Musik Puccinis gegenwärtig, wie in der Verwendung von Volksweisen, Pentatonik oder Ganztonfolgen. Solche Mittel sind bewusst der immer wieder zitierten amerikanischen Nationalhymne entgegengesetzt. Yoram David am Pult schärft diese Konturen und arbeitet mit dem prächtig aufgelegten Museumsorchester die dramatischen Kontraste heraus. Ein wenig unterbelichtet bleiben die lyrischen Passagen, offenbar in dem Bestreben, die Gefahr der Sentimentalität zu bannen. Es soll ja auch kein "Land des Lächelns" sein, das hier vorgestellt wird. Die junge ungarische Sängerin Georgina Lukács macht die Wandlung der fünfzehnjährigen, ahnungslosen Geisha zur bewusst handelnden Frau und Mutter glaubhaft. Sie setzt ihren fülligen Sopran differenziert ein, neigt allerdings bei dramatischen Steigerungen noch zum heftigen Tremolieren. Bojidar Nikolov bleibt der recht undankbaren Partie des Leutnants Pinkerton einiges an tenoralem Glanz schuldig. Eindrucksvoll die Chorszenen: Wie Lemuren quellen schwarze Frauengestalten aus den Fenstern - in adrette weiße Uniformen gekleidete Matrosen machen sich über das Schicksal der kleinen Japanerin lustig.

Am Ende der Premiere am Samstag, beim Erscheinen von Regisseur und Bühnenbildner, hielten Buhrufe und Bravos sich die Waage. Dirigent, Orchester und Sänger wurden mit starkem Beifall bedacht.

 

27. Oktober 2001

Verschmähtes Psycho-Drama

Von Thomas Tillmann
Fotos von Bettina Strauss

An die Frage nach dem Skandalösen wollte Christof Nel den roten Faden seiner Neuinszenierung von Madama Butterfly knüpfen, jener Oper, die in sich den Kern eines Skandals trage. Nun, ein wirklicher Skandal war die Premiere nicht, obwohl bereits nach dem ersten Akt erste erboste Buhs zu vernehmen waren, die nach Ende der Vorstellung trotz eilig vorgeschalteter Jubelrufe das Frankfurter Opernhaus massiv wie selten erfüllten, während ein nicht geringer Teil des ermatteten, genervten Publikums sich nur noch Höflichkeitsapplaus für das musikalische Team abringen konnte. Was war geschehen?

Cio-Cio-San (Georgina Lukács) ist verzweifelt, weil sie nach dem Konvertieren zum Christentum aus ihrer Familie ausgestoßen wird.

Martina Jochem, Supervisorin und besonders an der Annäherung an ein Kunstwerk und seinen Schöpfer mit dem Instrumentarium und aus der Perspektive des Psychoanalyse interessiert, hat den Regisseur dabei unterstützt, "den Anteil des Unbewussten an Entstehung, Struktur und Wirkung ... mit in den Blick zu nehmen". Dabei ist ihr aufgegangen, dass das zu inszenierende Werk ja nur so tue, als ginge es um eine unglückliche Liebesgeschichte. Natürlich ist es richtig, dass hier letztlich das Problem des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen angesprochen ist, den Butterfly positiv umdeuten muss, um überhaupt weiterleben zu können, bis sie sich durch den Einbruch der Realität ihre massiv verdrängte wahre Situation eingestehen muss. Natürlich ist Pinkerton auch nicht der einzige Täter in diesem Stück (selbstverständlich hat auch er sich in seiner Ursprungsfamilie nicht wohlgefühlt und leidet an einem deutlichen Entwicklungsdefizit wie alle Päderasten - haben wir es nicht immer geahnt?), natürlich hat er Helfer, nicht nur im Heiratsvermittler Goro, sondern auch in der Familie, die ihre Zustimmung zur Kinderprostitution ja gibt, anstatt das zur Hochzeit in ein Babydoll und hohe Plateaustiefel gesteckte Kind zu behüten und zu schützen.

Cio-Cio-San (Georgina Lukács) träumt von Pinkertons Rückkehr ("Un bel dì vedremo").

Aber ist es deswegen sofort Puccinis zentrales Anliegen, "auf eine sehr verdeckte und verschlüsselte Weise" die Familie als Täter zu entlarven (womit dann auch noch die massive Ablehnung erklärt wäre, die dem Werk bei seiner Uraufführung in Italien entgegenschlug)? Ist es wirklich zwingend, den Familienmythos vom Vater ins Geschehen hineinzuholen, der Seppuku begangen und damit für alle Zeiten vorgegeben hat, wie man sich in dieser Familie zu verhalten hat (ein Statist mit klassischer Maske ist vor und während der Vorstellung im oberen Teil der Bühne damit beschäftigt, sich immer wieder zu erdolchen und seine Tochter dazu zu animieren), und "eine Art Alptraum-Zeit" auf der Bühne zu kreieren, "wo das Gestern, das Heute und das Morgen gleichzeitig anwesend sind", eine Bühne "wie ein traumatisches System, in dem alle gleichzeitig da sind: Die Gespenster und die Lebenden, junge Mütter, alte Kinder, die Toten und die (noch) nicht Geborenen"? Jens Kilian hat einen merkwürdigen, vorwiegend schwarzen, bunkerartigen Kasten - einen Seelenraum, wollte ich natürlich sagen! - auf die von meinem Seitenplatz im Rang nicht komplett einsehbare Bühne gestellt, in dem neben einem Wasserhahn, einer Fluchtleiter, einer Tür und zwei schmalen Wassergräben zimmerartige Miniräume und Spalten sichtbar werden, in die sich die von Ilse Welter nicht immer vorteilhaft in aktuelle Alltagskleider gewandeten Darsteller ebenso flüchten können wie in den stilisierten Garten mit seinem verdorrten, weiß gestrichenen Baum (eine völlig neue Idee!).

Ist schließlich die Frage wirklich so zentral, was es für ein dreijähriges Kind bedeuten muss, gezwungenermaßen beim Suizid seiner Mutter Zeuge zu sein, und was für unerträgliche Spannungen eine Mutter dazu bringen, ihrem eigenen Kind solch einen Anblick zuzumuten? Wenn man sich übrigens die Mühe macht, einen Blick ins Libretto zu werfen, entdeckt man, dass Butterfly den Dolch ihres Vaters in dieser letzten Szene ausdrücklich vor dem Kind versteckt, als es von Suzuki ins Zimmer geschickt wird, dass sie ihm wie in einem Spiel voller Fürsorge die Augen verbindet, dass sie den Sohn den Raum verlassen lässt, bevor sie zur Tat schreitet, die sie dem Kind zwar nicht ersparen kann, aber doch mit größtmöglicher Diskretion hinter sich bringt. Übrigens zeigt uns Nel keinen Dreijährigen, sondern Butterflys schon vor den Einleitungstakten auf der Bühne präsenten erwachsenen Sohn, einige Spielsachen und seinen Kinderwagen, in den Cio-Cio-San im Schlussbild blutüberströmt ihren Kopf steckt, bevor sich ihr Kind mit einer interessanten Seilkonstruktion zügig erhängt. Aber das ist vermutlich alles viel zu kleinlich gedacht: Wahrscheinlich kann ich mich auf das im Programmheft mit allerlei Zitaten aus psychologischer Fachliteratur legitimierte (oder sollte ich sagen entschuldigte?) Konzept nur nicht einlassen, weil ich selbst völlig beratungsresistent bin und noch keinen Zugang zu meinen eigenen Entwicklungsdefiziten und Verletzungen gefunden habe ... Und doch: Einige interessante, einleuchtende, freilich auch sehr vorhersehbare Ideen und nachvollziehbare Ansätze in der Figurenzeichnung standen hier einem insgesamt reichlich blutleeren, auch manch handwerklichen Fehler offenbarenden, letztlich wenig Spannung erzeugenden, allzu kopflastigen und gegen Ende immer mehr unlogische Mätzchen und überkommene Symbolik aneinanderreihenden Regiekonzept gegenüber, das nicht im positiven Sinne konstruktiv provozierte, sondern in seiner Hilflosigkeit einfach nur ärgerlich machte (ich verzichte darauf, die drastischen Kommentare meiner Sitznachbarn zu wiederholen).

Cio-Cio-San (Georgina Lukács) und ihr letzter Halt im Leben: der Kinderwagen und das Laken der Hochzeitsnacht, diesmal um den Hals gewickelt.

Warum das Publikum Georgina Lukács so feierte, war mir nicht klar - vielleicht war es der Lohn für ihren schonungslosen Einsatz bis hin zum markerschütternden Schreien, das der Komponist freilich nicht vorgesehen hat und das nicht an eine lange Karriere denken lässt. Der durchschlagskräftige Sopran der Ungarin hat zwar an sich das richtige Gewicht für diese gefährliche, lange Partie, genug Substanz auch in der tiefen Lage (nicht aber bei den arg kleinmädchenhaft klingenden, wie Fremdkörper wirkenden Piani!) und auch eine individuelle Farbe, aber man musste besonders im von der Künstlerin präferierten Forte manche Schärfe, ein mitunter die Toleranzgrenze überschreitendes Vibrato, einen bisweilen reichlich strengen, energisch-reifen, "veristischen" , wenig liebenswürdigen, flackernden Ton, manch außermusikalischen Trick und manches Beispiel für mangelnde Stilsicherheit und Phrasierungsbeliebigkeit in Kauf nehmen - das weggebrochene hohe C am Ende des Liebesduetts dagegen finde ich verzeihlich. Nicht Bojidar Nikolov hätte ausgebuht werden müssen, sondern diejenigen, die ihn engagiert haben und die hätten merken müssen, dass er diese Partie niemals würde bewältigen können mit seinem äußerst leichtgewichtigen, technisch völlig unzulänglichen Tenor.

Matrosen (Herrenchor und Statisterie der Oper Frankfurt) verspotten die auf Pinkerton wartende Cio-Cio-San (Georgina Lukács), indem sie Vogelrufe nachäffen.

Zeljko Lucic konnte sich als Konsul ganz auf die Qualitäten seines kräftig-markanten, farbigen Bariton verlassen (dass er in Butterflys Sterbeszene gelangweilt Kaugummi kaut und bizarre Flügelbewegungen mit den Armen macht, war sicher nicht seine Idee), Elzbieta Ardam war eine mit stämmig-barschem, reifen, die tiefe Tessitura bewältigenden Mezzo aufwartende Suzuki, und in den kleineren Partien konnte noch am ehesten Hans-Jürgen Lazar mit seinem inzwischen ins Charakterfach hineinwachsenden lyrischen Tenor Profil entwickeln, während Don Harrison als Yamadori und Franz Mayer als Onkel Bonze doch reichlich blass wirkten und sich die Verwandtschaft der Braut nicht immer auf gemeinsame Einsätze verständigen konnte. Überhaupt könnte man sich eine etwas sorgfältigere musikalische Einstudierung vorstellen, die den Sängern auch den zu interpretierenden Text mehr ans Herz legt. Yoram David war am Pult des routiniert aufspielenden, streckenweise seltsam gedämpft klingenden Museumsorchesters zwar stets auf Transparenz bedacht, aber nicht selten hätte man sich doch einen etwas beherzteren, inspirierenderen Zugriff auf das Werk gewünscht, den man GMD Paolo Carignani eher zutraut.


FAZIT

Eine weder szenisch noch musikalisch überzeugende Erweiterung des an sich so verdienstvollen Puccini-Zyklus und ein weiteres ärgerliches Beispiel für psychologisierende Regietheaterexzesse, die dem Werk mehr Schaden zufügen als nützen!