Swingend durchbrennen Von Hans-Jürgen Linke Als Girard Rhoden 1987 zum ersten Mal nach Europa kam, kam er mit der Tourneeproduktion Carmen Jones, für die er in New York vorgesungen hatte. Nach dem Ende der Tournee blieb er noch einige Zeit in Süddeutschland, lernte ein bisschen Bayerisch und reiste wieder zurück in die USA. Als er einige Zeit später wieder nach Deutschland reiste, tat er das, um ein Engagement an einem deutschen Theater zu finden. Girard Rhoden kommt aus Chicago, wo er in einer sehr musikalischen Familie aufgewachsen ist. Eigentlich wollte er Schauspieler werden, aber das ist in den USA für einen Farbigen nicht unbedingt ein attraktiver Beruf, findet er. Die Rollen, die man bekomme, bewegten sich in einem schmalen Spektrum, in der Regel muss man Dealer oder Musiker oder Randgruppenangehörige spielen. So lag es für ihn irgendwann nahe, sich zum Opernsänger ausbilden zu lassen. In den USA gibt es relativ wenige Opernhäuser, und Sänger, die nicht sehr bekannt sind, haben Schwierigkeiten, ihre Kunst dauerhaft professionell auszuüben. Opernsänger aus den USA versuchen darum meistens früher oder später ihr Glück in Europa, zumindest für einige Zeit. Girard Rhoden hatte Erfolg: Das Staatstheater Wiesbaden engagierte ihn für den Chor, er begann, sich sein bisschen Bayerisch wieder abzugewöhnen und Hochdeutsch zu lernen. Und dann kam Rainer Pudenz und bat ihn für eine Produktion von Mozarts Oper Il re pastore nach Frankfurt. So lernte er vor elf Jahren die Frankfurter Kammeroper kennen. Girard Rhoden hat sich mit Pudenz' Auffassung von Operninszenierung schnell angefreundet. Er sieht darin eine Alternative zu einem musealen Stadt- und Staatstheater-Stil, wie er in Deutschland allenthalben gepflegt wird. Die Oper, findet Rhoden, solle sich bemühen, eine lebendige und zeitgemäße Bühnenkunst zu sein, auch wenn das Repertoire aus älteren Zeiten stammt. Rhoden singt auch gern Jazz. Er hat eine Vorliebe für Songs von George Gershwin und Cole Porter, weil sie gleichermaßen von der europäischen Musikkultur wie von der amerikanischen Popularmusik ihrer Zeit geprägt sind: Man hört ihnen den Jazz an, aber auch die Oper, und darin liegt nichts Unentschiedenes, sondern das Bedürfnis, beides unter einen Hut zu bringen. Sie swingen, nennt Rhoden das, und "Swing" ist für ihn nicht nur eine historische Stilrichtung oder rhythmische Qualität des Jazz, sondern entsteht, wenn mit körperlichem Einsatz an Musik gearbeitet wird. Swing müsse man nicht der Musik hinzufügen, sondern in ihr entdecken. Auch in Mozarts Musik sei diese Auffassung von Swing nicht fehl am Platze, und Pudenz' Art, Opern zu inszenieren, komme dem entgegen. Girard Rhoden verließ Wiesbaden, als er ein Solisten-Engagement in Münster bekam, und von da ging er nach Ulm, wo er jetzt noch engagiert ist. Er hat etliche Jahre lang nicht mit der Frankfurter Kammeroper gearbeitet. Aber jetzt hat Pudenz ihn für seine Produktion Die Entführung aus dem Serail engagiert. Rhoden singt darin den Belmonte, eine lyrische Tenor-Partie voller Innigkeit. Reizvoll findet er es, ein farbiger Belmonte zu sein und diese Figur mit seiner kunstvollen Auffassung von Swing anzureichern. Premiere: Samstag, 13. Juli, Musikpavillon im Palmengarten, weitere Aufführungen: 14., 16., 17., 19., 20., 21., 23., 24., 26., 27., 28., 30. Juli, 2., 3. und 4. August. Vorstellungsbeginn jeweils 20 Uhr; bei Regen findet die Aufführung konzertant statt. Dem Publikum wird empfohlen, Regenkleidung mitzubringen. [ document info ] Copyright © Frankfurter Rundschau 2002 Dokument erstellt am 10.07.2002 um 21:39:27 Uhr Erscheinungsdatum 11.07.2002 |