ResMusica
25/02/2005

Cologne Jonny ou les années 20

Un héros noir musicien de jazz... Des personnages tous libertins cherchant avant tout le plaisir sexuel avec au milieu un artiste, compositeur en crise... Une histoire décousue se rapprochant plus de la revue musicale que de l’opéra traditionnel … L’utilisation de tous les moyens techniques disponibles pour mettre en scène notamment un glacier et un véritable train … Et pour tout cela une musique s’inspirant du charleston et du jazz !

Depuis sa création à Leipzig en 1927, Jonny spielt auf d’Ernst Krenek a été perçu comme l’opéra par excellence des années 20 (et par conséquent, dès 1933, comme l’exemple type de la musique dégénérée). Seulement, le compositeur – également auteur du livret – n’avait nullement prévu de glorifier l’esprit de son époque. Au contraire, en créant une atmosphère plus vraie que nature, il comptait démasquer la superficialité et l’hypocrisie de ses contemporains. Mais le public ne le comprenait pas. Ce qui ne fonctionna pas en 1927 fonctionne d’autant moins en 2005. Pour un public d’aujourd’hui Jonny spielt auf n’est que l’incarnation pittoresque d’une époque longtemps révolue que l’on agrémente regrettablement d’une musique jazzy assez sympathique et trop facile à écouter.

Günter Krämer, dont la mise en scène a déjà été montrée au Staatsoper de Vienne (décors : Andreas Reinhardt, costumes : Falk Bauer) semble être du même avis. En misant uniquement sur la carte du divertissement et de la revue musicale, il écarte dès le début toute possibilité de regarder derrière la façade. Mais - quelques exagérations mises à part - tout cela va bien avec la musique, ce qui n’est pas souvent le cas avec ce metteur en scène. On s’amuse donc même s’il est dommage qu’il nous prive des effets du tableau de la gare qui ont autant ébloui les spectateurs en 1927. Ici, un train n’est visible que pendant quelques secondes, et uniquement à l’aide d’une vidéo.

Cette première a pourtant été un succès musical. Sous la direction flamboyante et précise du chef japonais Ryusuke Numajiri - spécialiste du XXe siècle - l’opéra de Cologne a réuni une distribution plus que solide. Dans le rôle-titre, on trouve le formidable baryton allemand Michael Volle qui a toutes les qualités requises pour interpréter ce personnage, malheureusement assez monolithique : une belle voix charnue, homogène sur toute l’étendue et une excellente présence scénique. Le rôle d’Anita a été confié à la soprano américaine Nina Warren, révélée à Cologne en automne dernier dans Turandot. Sa voix puissante et métallique fait finalement plus penser à la princesse glaciale de Puccini qu’à la chanteuse capricieuse de Krenek. Toutefois, grâce à sa musicalité et son jeu passionnant, elle parvient à dresser un portrait crédible de son personnage. C’est le ténor Gerhard Siegel - un des rares chanteurs à chanter à la fois Siegfried et Mime - qui affronte la tessiture redoutable du compositeur Max. Est-ce par nervosité qu’il fait annoncer une indisposition à la fin de l’entracte ? Son timbre et son style rappellent beaucoup le jeune René Kollo : une voix puissante, mais claire, des sons très ouverts dans le haut-médium, un aigu percutant mais assez poussif, un chant basé essentiellement sur une diction exemplaire et un investissement scénique et vocale qui force l’admiration. Deux des meilleures interprétations enfin sont dues à deux jeunes membres de la troupe de Cologne : la soprano pétillante Claudia Rohrbach dans le rôle d’Yvonne et le baryton particulièrement prometteur de Miljenko Turk.

Le public s’est montré ravi des interprètes et du chef. Une petite huée pour Günter Krämer a vite été étouffée par les applaudissements.

Andreas Laska

 

Kölner Stadt Anzeiger
26.02.05

Und hoch das Bein
Günter Krämers biedere Inszenierung kann dem Werk kaum aufhelfen.

VON MARKUS SCHWERING


Kommunikation auf Abstand: das Stubenmädchen Yvonne (Claudia Rohrbach) und Jonny (Michael Volle, r. oben)

Jetzt wissen wir, woher Donald Rumsfeld sein „altes Europa" hat. Der US-Verteidigungsminister ist ein Experte in Sachen deutsche Oper und kennt natürlich auch den Schlüsselsatz im Libretto zu Ernst Kreneks „Johnny spielt auf": „Es kommt die Neue Welt übers Meer / gefahren mit Glanz / und erbt das alte Europa durch den Tanz." In der Tat, dafür, dass die Oper bereits 1927 uraufgeführt wurde, wirken solche Statements ziemlich aktuell.

Aber das trügt: Wenn die Premiere in der Kölner Oper eines zeigte, dann dies: Die Aufregung um das Werk, das weiland die einen ob seiner Zeitgeistigkeit enthusiasmierte und die anderen in Wut setzte („jüdisch-negerische Besudelung"), ist heute kaum mehr verständlich. Seine Musiksprache ist teils tonal, in der Erfindung gediegen bis langweilig (die Jazz- und Tanzeinlagen drängen sich durchaus nicht auf) und die Figur des vitalen schwarzen Jazz-Geigers eher unsympathisch - sie hätte sogar ins rassistische braune Weltbild gepasst.

Wichse aus dem Gesicht

Günter Krämers Inszenierung bürstet das „Negermotiv" gegen den Strich: Sein Johnny - der mit seinem fülligen Bariton sehr präsente und agile Michael Volle - reibt sich am Schluss, um der Polizei zu entgehen, die Wichse aus dem Gesicht: Ein Weißer, der ein Schwarzer und doch ein Weißer ist. Sollte dies eine antirassistische Pointe sein, geht sie ins Leere: Johnny wird nur verfolgt, weil er dem Schmalzvirtuosen Daniello die Geige geklaut hat.

Krämer hat eingeräumt, zu dieser Oper kein besonderes Verhältnis zu haben. Das kann man gut nachvollziehen, ihre Zeitgebundenheit bannt sie eben auch in diese Zeit. Nur: Man merkt es der aus Wien übernommenen Inszenierung, die zu nicht durchweg glücklichen Kürzungen greift, auch an. Der Ansatz ist aller Ehren wert: Krämer lässt die andere zentrale Figur, das krisengeschüttelte spätromantische Komponistengenie Max, aus der Rolle fallen, verdoppelt sie: Wenn Max (Gerhard Siegel stieg fulminant in seine schwere Tenorpartie ein, musste dann aber einer Indisposition Tribut zollen) der Musik partiturlesend folgt, eine Probe am Flügel abhält und das Orchester dirigiert, dann wird er zu Krenek, der seine eigene Oper imaginiert. Leider hat dieses Konzept des „impliziten Autors" für die Dramaturgie sonst kaum Folgen.

Überhaupt lässt sich leichter sagen, was Krämer alles nicht macht: Das Problem des Künstlers zwischen Tradition und Moderne wird nicht entfaltet, aber auch die Chance, die groteske Rezeptionsgeschichte mit zu inszenieren, nimmt er nicht wahr. Die Polizisten, die auf der Suche nach Johnny ausschwärmen und das Publikum belästigen, indem sie sich durch die Zuschauerreihen drängeln, sind keine Gestapo-Beamte. Auch das Thema Amerika wird nicht ausgereizt.

Es bleibt die nachdrückliche und farbenintensive Entgegensetzung von Max' eisiger Gletscherwelt - das Bühnenbild (Andreas Reinhardt) lässt den Gletscher in Gestalt von drei hochklappbaren weißen Ebenen im Hintergrund erstehen - und des großstädtischen Paris, in dem in französische Nationalfarben gekleidete Revue-Girls das Bein schwingen. Krämer zitiert hier ironisch die gängigen 20er-Jahre-Klischees - weshalb dieses Varieté zu den stärksten Strecken des Abends gehört. Den statischen, szenisch wie darstellerisch ausgehungerten Solo- und Duostellen mit Max und seiner koketten Sängerfreundin Anita (Nina Warren mit durchdringend-potentem, in der Höhe gelegentlich steif-metallischen Sopran) helfen sie freilich nicht auf, da nutzt es auch nicht, Anita wie in einem James-Bond-Film auf dem Koffer über den Gletscher zu schicken.

Erfreulich die Hauskräfte in den übrigen Rollen (Ulrich Hielscher, Johannes Preißinger, Miljenko Turk als süßlicher Geigenmann Daniello und vor allem Claudia Rohrbach mit mühelosem Soubrettensopran als Stubenmädchen Yvonne). Hier wird wieder einmal deutlich, welches Potenzial im Kölner Ensemble steckt: Das Gürzenich-Orchester unter Ryusuke Numajiri agierte farbenfroh, detailfreudig, mit stets kontrolliertem Schwung auch in den Jazz- und Tanzpartien, der wenig beschäftigte Chor (Horst Meinardus) solide. Freundlicher, buh-freier Applaus.

 

OnlineMusikMagazin
28. Februar 2005

Diskurs über eine einst zeitgemäße Oper

Von Stefan Schmöe

Nur die Dreigroschenoper war noch erfolgreicher: Nach der Leipziger Uraufführung 1927 avancierte Jonny spielt auf zur populärsten Oper der Weimarer Republik. 42 Bühnen spielten das Werk sofort nach; und in bitterer Umkehrung dieser Popularität gelangte die Abbildung des schwarzen Musikers Jonny (der merkwürdigerweise schon auf dem Einband der Partitur mit einem – vermeintlich zum Jazz „passenderen" – Saxophon an Stelle der in der Oper ihm zugeordneten Geige ausstaffiert ist) zu traurigen Ehren als Plakatmotiv für die unselige Düsseldorfer Ausstellung „Entartete Kunst" im Jahr 1938. Der Sensationserfolg gründete sich einerseits auf der (auch inhaltlich motivierten) Einbindung von Jazz-Elementen, andererseits auf dem deutlichen Gegenwartsbezug. Jazz-Combo und Bahnhofshalle auf der Bühne waren dem Publikum neu, trafen aber offensichtlich den Zeitgeist. Der Erfolg war groß (und machte Krenek wohlhabend), aber kurz. Nicht nur die Nazis trieben den Jonny aus den Spielplänen, auch im Ausland erlosch das Interesse bald wieder.

Kleine Korrekturen an Jonny spielt auf? Komponist Max ist das alter ego von Ernst Krenek und sieht die Aufführung sozusagen als "work in progress".

Dabei ist Jonny spielt auf keine „Jazz-Oper", nicht einmal ansatzweise. Die Jazz-Elemente sind inhaltlich bedingt, bilden aber nicht den musikalischen Schwerpunkt. Formal geht es um eine Frau – eine Opernsängerin – zwischen drei Männern: Dem seriösen (in deutscher Tradition stehenden) Komponisten Max, dem Geigenvirtuosen Daniello und (wenn auch nur indirekt) dem Jazz-Musiker Jonny. Leicht kann man darin eine Debatte um die „wahre" Kunst sehen, Strauss' Capriccio wird 15 Jahre später mit einer grundsätzlich ähnlichen Konstellation (dort sind es Komponist und Dichter als Vertreter von Ton und Wort, die um die Gunst der Musikliebhaberin buhlen) aufwarten. Jonnys Triumph am Ende der Oper spiegelt nicht Kreneks Überzeugung wieder – zwar mag der Komponist in der Verbindung von Unterhaltungsmusik und „ernster" Oper ein interessantes und publikumswirksames Experiment und gleichzeitig amerikanische Leichtigkeit zumindest partiell als Gegenpol deutschen Grüblertums gesehen haben, vom Herzen her stand ihm der Max, ein später Nachfahre Webers, näher – das geht auch aus etlichen Äußerungen des Komponisten, der auch das Libretto erstellt hat, hervor. Mit Interpretationen ausschließlich anhand von Text und Partitur sollte man vorsichtig sein: Manches „modern" erscheinende Element ist weniger Kunstgriff als mehr mangelnde dramaturgische Stringenz im Werk des gerade einmal 27-jährigen Komponisten auf dem schnellen Weg zum Ruhm.

Rendezvous im Schneegestöber: Im Angesicht des Gletschers verlieben sich Max und Opernsängerin Anita.

Regisseur Günter Krämer inszeniert in diesem Sinn weniger Textbuch und Musik der vorliegenden Oper als vielmehr Kreneks vermeintlichen Blickwinkel darauf. Komponist Max wird ganz konkret als Kreneks alter ego interpretiert – mehrfach tritt er aus der Handlung heraus, dirigiert das Orchester, korrigiert in der Partitur, und sein Flügel ist das einzige handfeste (und immer präsente) Bühnenbildelement. Der Rest ist sozusagen Theater auf dem Theater. Da gibt es extrem viel leise rieselnden Schnee, eine zugeschneite Schräge, die den Gletscher andeutet (Symbol für die Naturverbundenheit des Max – der nicht zufällig namensgleich mit dem „Naturburschen" Max aus dem Freischütz ist); dazu sparsam eingesetzte Videoprojektionen und ein paar vom Bühnenhimmel herunter gelassene Kulissen, die teilweise gleich vom Bühnenpersonal wieder abgebaut werden. Für die Welt der Pariser Nachtlokale stehen hübsche Revuegirls in den französischen Nationalfarben, und Jonny ist ganz offensichtlich ein schwarz geschminkter Weißer (eine Anspielung für die New Yorker Erstaufführung 1929, die des vermeintlichen Skandals wegen auf die Besetzung mit einem „echten" Schwarzen verzichtete). Das ist ziemlich viel Theater auf Meta-Ebene, aber um den Preis, dass die eigentliche Geschichte geopfert wird.

Im Uraufführungsjahr noch ein Skandal: Ein Neger als Opernheld! Heute taugt Jonny, hier mit Anita, nur noch zum Roberto-Blanco-Verschnitt.

Vom intellektuellen Anspruch her ist das zweifellos ambitioniert und durchdacht. Aber trotz der erlesen ausgeleuchteten und hübsch anzusehenden Arrangements, trotz einiger starker Details bleibt die Produktion (die schon 2002 an der Wiener Staatsoper zu sehen war) insgesamt blutleer und dadurch über weite Strecken langweilig – viel Theorie über das Werk, zu viel Revue, aber kaum Theaterwirklichkeit. Zu wenig versteht man vom Text (warum wird der nicht per Übertitel eingeblendet?), zu wenig von der eigentlichen Bühnenhandlung wird deutlich. Und da sich das Publikum in den vergangenen fast 80 Jahren an seinerzeit provokante Elemente wie Telefon, Bahnhof und Neger auf der Bühne gewöhnt hat und jeder „Skandal" (der seinerzeit zur Popularität sicher maßgeblich beigetragen hat) fehlt, fragt man sich schon, warum dieser Jonny den Weg auf die Bühnen des 21. Jahrhundert gefunden hat - und ob er nicht besser in musikhistorischen Seminaren aufgehoben wäre. Im benachbarten Wuppertal hat man vor einiger Zeit szenisch überzeugendere Gründe für eine Wiederbelebung vorweisen können.

Große Revue: Max am Boden; Jonny (links), der Manager, Geigenvirtuose Daniello, Kammermädchen Yvonne, Hoteldirektor und Anita spielen mit den Revuegirls Eisenbahn.

Auch die musikalische Interpretation durch den japanischen Dirigenten Ryusuke Numajiri verstärkt den Eindruck, man habe schlicht das falsche Stück auf den Spielplan gesetzt. Numajiri ist ein exzellenter Klangzauberer, der mit dem hervorragend disponierten Gürzenich-Orchester delikate Farbmischungen hervorbringt, die mal an Debussy oder Ravel, dann an Wagner oder Strauss, auch an Zemlinsky erinnern. Aber er traut den Jazz-Einsprengseln nicht über den Weg und glättet die disparaten Elemente, die eigentlich die Spannung und den Reiz der Partitur ausmachen. Selbst die Jazz-Combo auf der Bühne spielt äußerst gepflegt und kaum „jazzig". Man kann Krenek vorwerfen, bereits in der Komposition die verschiedenen Stilebenen allzu behutsam einander angenähert zu haben, aber wenn man diese Ebene nicht deutlicher hervorhebt, nicht auch plakative Vordergründigkeit wagt und die Kontraste sucht, dann klingt Jonny spielt auf schnell wie mittelmäßiges Epigonentum. Vielleicht ist es das ja (darüber lässt sich diskutieren) – aber warum spielt man es dann?

Kein Wunder, dass Max dabei suizidale Gedanken hegt. Allein der singende Gletscher verhindert ein schlimmes Ende.

Sängerisch lässt die Aufführung kaum Wünsche offen. Nina Warren verströmt mit einer dunkel abgetönten Stimme, die in jeder Lage klangvoll und kontrolliert ist, jenen erotischen Hauch, den die Sängerin Anita als mondäne Diva benötigt. Gerhard Siegel ließ sich in der Pause als indisponiert entschuldigen und hatte hörbar Mühe mit den leisen Passagen in der Mittellage. Mit prägnantem Charaktertenor, ins Heldische changierend, meisterte er die anspruchsvolle Partie gerade in den hohen Passagen beeindruckend. Michael Volle als Jonny und Miljenko Turk als Daniello sind rollendeckende Besetzungen. Claudia Rohrbach als Stubenmädchen Yvonne glänzt mit sehr beweglichem, strahlendem Sopran. Präsent singt der von Horst Meinardus einstudierte Chor.

FAZIT
Was einst zeitgemäß und skandalös war, kommt heute zahnlos als bunte Revue mit allzu theoretischem Hintergrund daher. In delikatem Orchestersound wirken Krämers Reflexionen über Jonny spielt auf trotz guter Sängerleistungen museal.