Neue Zuercher Zeitung
16. Mai 2008

Die Frau in der Kiste
Manfred Trojahns Oper "La Grande Magia" in Dresden uraufgeführt

Die noch junge Ehe von Calogero und Marta Di Spelta ist brüchig. Er hindert sie an ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Sie ist Sängerin, will zur Bühne, hat sich in einen anderen Mann verliebt. Eines Tages ist sie verschwunden. Angeblich wurde sie von einem etwas heruntergekommenen Zauberer in eine Kiste hinweggezaubert. Die kann Calogero nun bequem mit sich herumtragen. Und man verspricht ihm, in sieben Jahren könne er Marta wieder zurückgezaubert bekommen. Aber wird er sich dann noch für sie interessieren? Mit der realen braucht er sich jedenfalls nicht mehr zu befassen. Er hat sie sozusagen als Ersatzteil unter Kontrolle. Und Calogero glaubt unbesehen, was man ihm einredet.

Leicht schizoide Figuren haben es dem in Düsseldorf lebenden Komponisten Manfred Trojahn besonders angetan. Schon in seiner ersten Oper, "Enrico" nach Pirandello, war das ein Thema. Nun hat er bei dem italienischen Komödienschreiber und Schauspieler Eduardo de Filippo in "La Grande Magia" einen ähnlichen Stoff gefunden. Trojahn gilt als Schöpfer von "Literatur-Opern"; gegen diese Kategorisierung wehrt er sich zu Recht. Zusammen mit seinem Wiener Librettisten Christian Martin Fuchs hat er, immer ein bisschen auch sein eigener Dramaturg, das Ganze gründlich umgestülpt, bedient sich lediglich des Plots und des Titels. Nur wenig von dem vielen Zirzensischen in de Filippos sechzig Jahre altem Stück ist beibehalten. Die folkloristischen Momente der Vorlage wurden ausgedünnt. Leider hat man nicht auch das Personenverzeichnis mit ausgedünnt. Als Zuschauer kämpft man sich den ganzen Abend durch dieses verzweigte Figuren-Gespinst, wer mit wem warum. Literarische Vorlagen lassen offenbar zu wenig Spielraum.

Mit ihrem parlandoartigen Konversationston changiert Trojahns neue Oper zwischen Komödie und Tragödie. Die Musik hat viele eindrucksvolle Momente, vor allem im Lyrischen. Sie gestattet sich aber auch gelegentliche Ausflüge ins Parodistische: Ein bisschen "Rosenkavalier", ein bisschen "Ariadne auf Naxos" klingt an, und auch ein Trio von Strassenmusikern mit Klezmer-ähnlichen Tönen streift über die Bühne der auftraggebenden Dresdner Semperoper. Am Ende, nach den sieben Jahren – die Zeit ist "ein sonderbar Ding", hört man im Zitat – taucht die verschwundene Marta tatsächlich wieder auf, singt ein berührendes Solo. Marta hat Karriere gemacht, sie ist anderen Männern begegnet. Und ob sie und Calogero wieder ein Paar werden, bleibt mehr als ungewiss.

Plastisch wird das komödiantisch-tragische Spiel um Sein und Schein in Dresden kaum. Die Ausstatterin Rosalie hat ein reichlich kunstgewerbliches Ambiente entworfen. Ineinander verknotete Plastic-Mülleimer dekorieren als zopfige Girlanden die Bühne – wohl als Anspielung auf den Uraufführungsort der Filippo-Vorlage, Neapel. Riesige blaue Luftballons, die am Ende als zerplatzte Träume skulpturenartig die Bühne zieren, vermehren den Müll. Der Regisseur Albert Lang hat lediglich Auf- und Abtritte der Figuren organisiert. Von Personenführung oder gar -charakterisierung spürt man wenig. Immerhin kann Jonathan Darlington im Graben der Semperoper die Staatskapelle zu einem sehr differenzierten Spiel animieren. Und einmal mehr zeigt Marlis Petersen in der Rolle der Marta ihre Extraklasse mit einem wunderbar agilen Sopran; schade, dass sie Libretto-bedingt die meiste Zeit die Bühne meiden muss. Neben ihr können sich vor allem Urban Malmberg als stimmgewaltiger Zauberer und Romy Petrick in einer Nebenrolle als quirlige Amelia profilieren. Rainer Trost gibt den düster-versponnenen Calogero Di Spelta. Das Publikum spendete dem zweistündigen Abend einhelligen Beifall. Man wünscht dem Stück jedoch eine triftigere szenische Weiter-Erprobung. In Dresden hatte man bei der Wahl des Uraufführungs-Teams wenig Gespür.

GEORG-FRIEDRICH KÜHN

 

Stuttgarter Nachrichten
15.05.2008

KULTUR
Der Traum als Lebenslüge
Christian M. Fuchs schrieb das Libretto zu neuer Oper von Manfred Trojahn

GERALD FELBER

DRESDEN (SN). "Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding . . .": Die berühmte Monologzeile der "Rosenkavalier"-Marschallin kommt nun aus dem Mund eines alternden, auf dem absteigenden Ast befindlichen Zauberkünstlers, der die Echtzeit ausblenden will, um den Menschen ihre Fantasien zu lassen.

Der Komponist Manfred Trojahn und sein Librettist Christian Martin Fuchs, Schriftsteller und langjähriger Dramaturg am Salzburger Landestheater, haben ihre musikalische Adaption des Stückes "La grande magia" von Eduardo de Filippo als melancholischen Gesang über die Macht der Illusion und ihre Grenzen gestaltet. Uraufgeführt wurde sie jetzt an der Dresdner Semperoper, dort, wo jene andere Opernpartnerschaft zwischen Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss vor knapp 100 Jahren auch den "Rosenkavalier" zur Welt brachte. Auch zu anderen Stücken der Altvorderen gibt es Beziehungen.

Wesentlicher ist aber, worin das neue Autorenpaar dem alten nicht folgt. Zum einen ist Trojahns Musik ungleich fragmentarischer, von einer zagen, zarten, zerbrechlichen Schönheit des Zweifelns und Ver-Zweifelns; ein delikat-tiefsinniges Konversationsstück im kunstvollen Wechselspiel kreisend wiederkehrender Grundformeln und dagegengesetzter, quasi irregulärer Ausbrüche. Jonathan Darlington nimmt sich des Kammerspiels vom Pult her mit großer Delikatesse und Feinfühligkeit an.

Zum anderen ist, dem Autor de Filippo folgend, die Konsequenz der Autoren eine deutlicher desillusionierte: Der "große Zauber" kann zwar eine Lebenshilfe gegen die Banalität des Alltags sein, aber wenn er sich verselbstständigt, wird die Fantasie zur Lebenslüge und lässt die Protagonisten am Ende einsam in ihren Traumwelten zurück.

Das Verdienst von Albert Langs Inszenierung ist es, dieses Versagen zu kritisieren, ohne es zu diskreditieren - nicht nur beim tragischen Helden des Stückes, Calogero, der schließlich die Wiederbegegnung mit jener Frau nicht aushält, für die er sieben Jahre lang sein Leben radikal gewandelt hat, sondern sogar bei seinem lächerlichen, degenerierten Familien- und Verwandtschaftsclan aus Möchtegern-Karrieristen, Traumtänzern und Lebensversagern: Sie alle hatten irgendwann ihre schönen Träume. Auch Rosalies Bühnen- und Kostümgestaltung fügt sich diesem Konzept.

Am stärksten bewegt das Changieren zwischen Traum und trivialer Realität die beiden tragenden Paare der Handlung. Calogero bleibt in Rainer Trosts Gestaltung stimmlich zwar recht neutral, trifft aber sehr gut den Typ des unglücklichen Intellektuellen, der sich mit stiller Besessenheit in seine Fantasiewelt hineinwühlt; Marlis Petersen gestaltet wunderbar das erst fast somnambule, dann gereifte, verlockende, empfindsam zerbrechliche Wesen seiner Frau Marta.

Die beiden aber, die das bewerkstelligen - Urban Malmberg als Zauberkünstler Otto und Barbara Hoene als dessen Partnerin Zaira - bringen vielleicht die schönste Leistung dieses Abends: ein altes Paar, das weder aneinander noch sonst wo in der Welt mehr große Geheimnisse zu entdecken hat, sich fast sachlich, im Ton nüchtern-erfahrener Melancholie ansingt und dennoch, bei aller (selbst-)ironischen Distanz, seine Liebe und Verbundenheit weiterlebt; wahrscheinlich auch eine Illusion, aber in anrührendster Art "großer Zauber".

 

Der Tagesspiegel
13.05.2008

Wer mit wem?
Uraufführung an der Dresdner Semperoper: „La grande magia" von Manfred Trojahn

VON SYBILL MAHLKE

Für einen Augenblick lugt die Fürstin Feldmarschallin herein. Der Komponist Manfred Trojahn nennt sein „Rosenkavalier"-Zitat eine Verbeugung vor Strauss. In der Oboe klingt die Musik wie ein instrumentaler Gruß vom Himmel, während auf der Bühne ein Vorstadtzauberer namens Otto den Hofmannsthaltext quasi begleitend in seine eigene Tonsprache bringt: „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding." Raffiniert verpflanzt Trojahn die poetische Resignation der Marschallin, einen der großen, liebenswertesten Momente des Musiktheaters, aus dem adeligen Milieu in seine Kleinbürgerkomödie „La grande magia". Wie er hier verfremdend den Abstand wahrt, das macht ein Stückchen Magie aus, das den umfassenden Musikliebhaber wie den Hochschullehrer Trojahn kennzeichnet. Der Rest der Oper, seiner vierten nach „Enrico", „Was ihr wollt" und „Limonen aus Sizilien", ist munteres Volkstheater in gebildetem Konversationston.

In der Sächsischen Staatsoper nimmt das Publikum die Premiere mit sympathisierender Herzlichkeit auf. Keine Erregung. In vorauseilender Freude stellt das Haus sein neues Auftragswerk in die Erinnerungsreihe der wichtigsten Uraufführungen am Dresdner Theaterplatz: von „Rienzi" und „Tannhäuser" zu „Salome" und „Elektra". Auch ein Werk Adriana Hölzkys gehört jüngst dazu.

Das Libretto des „Großen Zaubers" von Christian Martin Fuchs geht frei mit einem Schauspiel von Eduardo de Filippo um, der als Komiker mit den traurigen Augen geschildert wird. Das bedeutet, dass in seinen neapolitanischen Komödien oft ein Flair von Tragödie weht. Die Autoren Trojahn und Fuchs wählen den italienischen Titel „La grande magia", um eine deutsche Oper zu präsentieren.

Familienurlaub am Meer. Die Familienbande der Di Spelta haben Risse. Affären, langweilige Ehen. Marta, eine offenbar begnadete Sängerin, leidet darunter, dass ihr Gatte Calogero ihr das Theater verbietet. Zwei Fremde, Arturo mit dem Mädchen Amelia, schwärmen von dem Zauberer Otto. Dieser Magier beherrscht den Trick, die schöne Marta verschwinden zu lassen. Nur ein Viertelstündchen, für ein Rendezvous mit ihrem Liebhaber. Es werden sieben Jahre daraus. Denn die Zeit ... Jeder hat seine eigene, meint Otto und übergibt Calogero ein Kästchen, in dem seine Frau verschlossen sein soll. Der Betrogene verehrt in der Schatulle die Illusion einer vollkommenen Liebe. Als Marta, inzwischen Bühnenstar, leibhaftig wiederkehrt, zeigt sich, dass sie seinem Ideal einer häuslichen Ehefrau nicht entspricht.

Es fällt zunächst schwer, sich in dem Pulk des 12-köpfigen Solistenensembles zurechtzufinden. Wer ist mit wem verschwägert? Da der Komponist explizit Opernmöglichkeiten sucht und schönes Singen auf der Bühne liebt, wird schön gesungen. Zu der kleinen, „Ariadne"-nahen Orchesterbesetzung, die von der Sächsischen Staatskapelle unter Jonathan Darlington sorgsam verkörpert wird, kommt eine farbige Sängergemeinschaft. Sie spricht in Persönlichkeiten wie Barbara Hoene (Ottos Frau Zaira), Andrea Ihle (Matilde Di Spelta, Mutter des Ganzen), Sabine Brohm, Gerald Hupach, Christoph Pohl, Jürgen Commichau, Tom Martinsen für die Dresdner Ensemblekultur. Hinzu treten Rainer Trost, der Münchner Trojahn-Sänger, in der Rolle des Calogero, der Charaktersänger Urban Malmberg (Otto), Marlis Petersen (Marta), die sich leidenschaftlich zum hohen C aufschwingt, und als Überraschung Romy Petrick (Amelia), ein kleines Mädchen mit Zerbinetta-Möglichkeiten. Straussisch klingt die Partitur denn auch nicht nur im Zitat, gut gemacht mit Arien, viel Konversation, Wiederholung bereits gesungener Motive, Ensembles, darunter ein langes a cappella à 4, Walzer, „Seestück mit Nachtwind" und kleiner Sturmwarnung der Pauke, Bühnenmusik für Klarinette, Akkordeon, Tuba.

Dennoch hat die Partitur ein gleichmachendes Element, gefälliges Musiktheater, das nicht schmerzt. Ähnlich wie Trojahns Shakespeare-Oper 1998 in München. Keine Offerte für Neugierige.

Regisseur Albert Lang bewegt die Akteure geschickt in dem Ambiente der Designerin Rosalie. Krokotasche, Sonnenbrille, die langen Halsketten aus den Fünfzigern. Bühnenbeherrschend wabern Bälle, die an Physiotherapie für Riesen denken lassen, und, in anderer Beleuchtung, an nostalgische Weihnachtskugeln. Wenn sie zerplatzt aussehen wie blaue Müllsäcke, naht das Ende vom Spiel.

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung
13. Mai 2008 

Opernuraufführung in Dresden
Das Geheimnis des Schuhkartons


Mit Schuhkarton vor der Volière: Szene aus Manfred Trojahns "La Grande Magia" in Dresden

Antonio Stradivari wollte es, als er geheimniskrämerisch den klangstiftenden Lack für seine wunderbaren Geigen anrührte und ein paar Dinge hineintat, die erst zweihundertfünfzig Jahre später mit Hilfe komplexer chemischer Analysen mühsam entdeckt werden konnten. Der Architekt Theophil Hansen muss es auch im Sinn gehabt haben, sonst hätte er nicht so viele Verzierungen und Brüstungen, so viele Büsten, Stuckmuster und Karyatiden im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins angebracht, so dass bis heute fast nicht möglich ist, die grandios einmaligen akustischen Verhältnisse zu vermessen und moderne Konzertsäle damit auszustatten. Und Richard Wagner hat es - naturgemäß - zum Urgrund seines künstlerischen Willens erhoben, wie man unschwer an den manisch wiederholten Es-Dur-Dreiklängen des Rheingold-Vorspiels erkennen kann, die ganz bewusst wie Nebel aus den mystischen Tiefen des verdeckten Bayreuther Orchestergrabens hervorquellen sollen: Es ist das Magische.

Manfred Trojahn wollte es auch. Wie wäre sonst zu erklären, dass er sich für sein neues, jetzt zum Beginn der diesjährigen Dresdner Musikfestspiele in der Semperoper uraufgeführtes Musiktheaterstück ebenjenen Titel wählte: La Grande Magia, der große Zauber, frei nach Eduardo de Filippos gleichnamigem Schauspiel von 1948. Zugleich aber betont der Komponist, er sei an „allem Magischen völlig uninteressiert". Und er hat ja recht: Wer Magie erzeugen will, das hat uns schon Gustav Meyrink mit seinem „Golem" vor Augen geführt, muss exakt sein wie ein Buchhalter und kryptisch wie ein Kabbalist. Nur so werden die Ausgeburten der Phantasie lebendig.

Die eigentliche Magie des Stücks entsteht im Orchestergraben

Aber Trojahn treibt ein doppeltes und dreifaches Spiel mit uns. Indem er Magie thematisiert, trennt er die Mechanik des Magischen von der Verzauberung durch Kunst. Am Ende wird das Thema des „großen Zaubers" - was wir ohnehin schon ahnten - als fauler Zauber eines Provinzmagiers mit Kaninchen aus dem Zylinder und bunten Tüchern aus dem Ärmel entlarvt. Die eigentliche Magie des Stücks aber entsteht im Orchestergraben und in den Ornamenten des Ziergesangs auf der Bühne. Oscar Wilde hat es auf den Begriff gebracht: Nur flache Menschen urteilen nicht nach dem Schein.

Die Sache ist einfach. Marta, eine frustrierte ehemalige Sängerin, lässt sich vom Zauberer Otto in einer Kiste verschwinden, um während der Vorstellung ein kurzes Schäferstündchen mit dem Paparazzo Mariano halten zu können. Kompliziert wird es, weil sie nach dem Abenteuer nicht in die Kiste zurückkehrt, ihre Suche nach dem persönlichen Glück vielmehr sieben volle Jahre ausdehnt. Wie kann sich da ein Zauberer dem gehörnten Ehemann Calogero gegenüber aus der Affäre ziehen, ohne als Scharlatan und Konspirant aufzufliegen? Indem er eine zweite Illusion über die erste stülpt, Calogero eine Schachtel in die Hand drückt, in der er Marta finden werde, allerdings nur, wenn er von ihrer Treue und Liebe überzeugt sei. Wer aber kann sich dessen so sicher sein?

Es gibt - musikalisch wie philosophisch - viel zu entdecken

So zieht Calogero mit seiner ungeöffneten Schachtel durch die fünf Bilder der Oper und lässt sich selbst durch die geständig zurückgekehrte Marta nicht mehr von der Vorstellung einer treuen Frau in der Schachtel abbringen. Das alles wird vom Librettisten Christian Martin Fuchs nach dem Vorbild de Filippos in die Irrungen und Wirrungen eines italienischen Familienverbandes mit eifersüchtig besorgt über allem thronender Mamma und politkarrieresüchtigem Schwager, mit Fehltritten und Erbschaftsstreitereien, mit Kind und Kegel, Hausfreunden und irgendwie dazugehörenden Fremden, eben mit Leben angefüllt. Vor einem allzu komödiantischen Welttheater im italienischen Taschenformat allerdings bewahrt uns die Ausstattung von Rosalie im abstrakt-nüchternen Bühnenbild mit herabhängenden Mülltonnenketten und überdimensionalen blau-rot sich einfärbenden Ballons auf schrägen Abflussrosten und einem in bunt-nichtssagende Alltagskleidung gesteckten Ensemble, das der Regisseur Albert Lang durch das chaotische Geschehen führt.

Gut so. Denn das eigentliche Spiel zwischen Illusion und Realität findet in Manfred Trojahns überreicher, dabei hochdifferenzierter Partitur statt, die die Sächsische Staatskapelle unter der Leitung vor Jonathan Darlington sicher bewältigt: Autarke Musikstruktur und illustrierende Tongestalten, irrlichternde Klangfarbenspiele und parodistischer Unterton, allein selig machende Melodielinienführung und Reminiszenz an die ironisch-melancholisch gebrochene Rosenkavaliers- und Ariadne-Welt von Richard Strauss bilden ein betörendes Amalgam, verdichtet noch im Gesang der wunderbaren, stratosphärische Sopranhöhen sicher meisternden Marlis Petersen als Marta, dem klangmächtigen, souverän artikulierendem Urban Malmberg als Zauberer Otto, dem hell timbrierten Tenor Rainer Trost als Calogero sowie der koloratursicheren Romy Petrick als krankes Mädchen Amelia, die das ausgezeichnete, zwölfköpfige Gesangsensemble überragen.


Sicher und hell: Marlis Petersen als Marta und Rainer Trost als ihr Mann Calogero

Es gibt - musikalisch wie philosophisch - viel zu entdecken in diesem intelligenten Werk. Und bisweilen entstehen tatsächlich magische Momente: etwa in dem frühere Kompositionen zitierenden, vorüberhuschenden „Seestück mit Nachtwind"; im grandiosen Puccini-Belcanto, der Calogeros Illusion vom italienischen Essen und zugleich die Enttarnung des Zauberers vorstellt; im orchestralen Strudel, in den das sich nur noch ständig wiederholende Ensemble schließlich gerät; und auch in der Banda der drei Bühnenmusiker, die das Stück wie einen Film von Fellini in den Kulissen surreal ausklingen lassen. Am Schluss, wenn die italienische Familie das Weite gesucht hat, zieht Calogero seine Schuhe aus und verstaut sie in der Schachtel. Ende der Illusion.

WOLFGANG SANDNER

 

Frankfurter Rundschau
11. Mai 2008

MAGAZIN
Opern-Uraufführung "La grande magia"
Fauler Zauber als Lebensretter
VON TORSTEN KLAUS, dpa


Rainer Trost als Calogero Di Spelta (l)
mit dem Ensemble auf der Bühne
der Dresdner Semperoper (Foto: dpa)

Dresden (dpa) - Das Ende ist düster, fast hoffnungslos. Ein Mann verschwindet, geistig umnachtet, in einer schwarz lodernden Bühnenwand.

Es ist nicht nur das Schlussbild der Oper "La grande magia" (Der große Zauber) von Manfred Trojahn, die am Samstag in der Semperoper Dresden uraufgeführt wurde. Es ist vielmehr das Ende einer Liebe, die zwar erkaltet, aber noch nicht gestorben war: die Liebe zwischen Marta Di Spelta (Marlis Petersen) und ihrem Mann Calogero (Rainer Trost). Kurz vor seinem finalen Abgang tauchte sie noch einmal bei ihm auf, nachdem sie sieben Jahre verschwunden war, ihr eigenes Leben als Schauspielerin gelebt hatte. Doch Calogero lebt mittlerweile in einer Traumwelt - unerreichbar für jedermann.

Sieben Jahre zuvor hatte der Zauberer Otto Marvuglia (Urban Malmberg) Marta verschwinden lassen - auf der Zauberbühne. Marta nutzte die Chance sich davonzumachen, weg von Calogero, der ihre Wünsche und Ambitionen nicht versteht. Marvuglia flüchtet sich seinerseits in einen Trick: Um nicht eingestehen zu müssen, dass er Marta nicht wieder erscheinen lassen kann, jubelt er Calogero eine Schatulle unter. Darin, so lässt er wissen, befinde sich Marta. Sie werde sich Calogero aber nur zeigen, wenn der das Kästchen "im wahren Glauben an ihre Treue und Liebe" öffne. Sieben Jahre wird Calogero die Schatulle bei sich tragen. Er und auch seine Familie werden daran zerbrechen. Doch öffnen wird er seinen Hort der Hoffnung nicht.

War der zweite Teil des Opernabends trotz seiner Düsternis furios, verlief der Auftakt eher schleppend. Es gibt keine Ouvertüre, dafür werden die Figuren ausgreifend vorgestellt. Die Familien Di Spelta, Intrugli und Polvero kreisen um sich selbst. Erst das Erscheinen des Zauberers, ein Deus ex machina, bringt Bewegung in das Handlungskarussell. Marvuglia entpuppt sich als der dynamische Initiator und Gegenpart zu Calogero. Dank des Impulses, den Urban Malmberg seiner Figur und damit dem Stück gibt, kann Rainer Trost als Calogero zu großer Form auflaufen. Wie er den Wahnsinn verkörpert, die Augen rollen lässt, nötigt Achtung ab.

Mit Blick auf das Ende der Oper hat sich der große Zauber als fauler Zauber entpuppt. Nur Marta konnte profitieren, fand ihr Leben, das ihr von einem stark zum Machismo neigenden Mann vorenthalten wurde. Sie verlässt den Käfig und rettet sich. Alle anderen bleiben zurück - und sind verloren, weil sie ihre Ambitionen und Wünsche lieber wie ein Mantra ständig wiederholen, als sich daran zu machen, sie Wirklichkeit werden zu lassen.

Trojahn, der am Ende auch den Beifall entgegennahm, hatte sich an dem gleichnamigen Schauspiel von Eduardo de Filippo orientiert. Die rund zweistündige Opernfassung überzeugt vor allem im dichteren zweiten Teil. Trojahn zerpflückt die Trias aus Glaube, Liebe, Hoffnung. Und lässt das Publikum dennoch nicht ganz ohne Hoffnung zurück - denn da ist ja Marta. Marlis Petersen gewinnt in der Titelpartie denn auch die Herzen der Zuschauer. Viel Applaus gab es ebenfalls für Rainer Trost und die Sächsische Staatskapelle, dirigiert vom Briten Jonathan Darlington.

www.semperoper.de

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Dokument erstellt am 11.05.2008 um 11:58:05 Uhr
Letzte Änderung am 11.05.2008 um 12:00:27 Uhr
Erscheinungsdatum 11.05.2008

 

Freie Presse
12. Mai 2008

Kein fauler Zauber
Opernuraufführung an der Semperoper in Dresden

Von Joachim Lange

Dresden. Dass "La grande magia", Manfred Trojahns vierte Oper (nach "Enrico", 1991, "Was ihr wollt", 1998 und "Limonen aus Sizilien", 2003), ein volles und auch zufriedenes Haus vorfand, lag wohl nicht nur daran, dass die laufenden Musikfestspiele dafür ohnehin eine günstige Gelegenheit bieten. Es lag vor allem an der Musik des 1949 geborenen deutschen Komponisten. Trojahn versteht es, sowohl mit dem großen klassischen Orchester als auch mit den Stimmen souverän umzugehen. Hier ist kein Tonsetzer am Werke, der sich seine Klangwelt konstruiert, sondern ein Komponist, dem die intuitive Eingebung willkommen ist, der am Konversationsstil von Richard Strauss ebenso wächst wie an Mozarts Ensembleperfektion. Die unter Jonathan Darlington mit spürbarer Lust aufspielende Sächsischen Staatskapelle Dresden tut ein übriges.

Fauler Zauber (wie der Komponist im Vorfeld kokettierend "befürchtete") ist dieser große Zauber jedenfalls nicht. Es ist eigentlich nicht mal Zauber. Dabei lässt der Varietékünstler Otto Marvuglia zumindest auf den ersten Blick tatsächlich die junge, schöne Marta (Marlis Petersen mit betörender, stets sicherer Höhe) verschwinden. In dem von Christian Martin Fuchs, frei nach Eduardo de Filippos Theaterstück "La grande magia", geschriebenen Libretto steigt Marta in die Kiste und verschwindet - eine abgekartete Sache, um dem Käfig ihrer Ehe zu entfliehen. Die jährliche Sommerfrische einer italienischen Großfamilie bildet für das tragische Scheitern einer Beziehung den personellen Rahmen mit komödiantischem Potenzial. Der Ehemann Calogero scheint tatsächlich zu glauben, dass Marta in einer Schachtel steckt, die ihm der Magier gibt. Die bräuchte er nur zu öffnen, um sie wieder herbei zu zaubern. Genau das macht er aber nicht, lässt lieber die Zeit stillstehen und den Schein und die Illusion zum Leben werden. Als Marta, die inzwischen zur erfolgreichen Sängerin geworden ist, zu ihm zurückkehren will, glaubt er es nicht. Sie kann es nicht sein, weil er ja die Kiste noch nicht geöffnet hat. Rainer Trost macht daraus eine intensive Studie.

Die Inszenierung von Albert Lang ist stark von dem phantastischen Kunstraum der Ausstatterin rosalie geprägt: große blaue Ballons, Schrägen und im Raum hängende Säulen aus Teilen, mit denen man sonst Bauschutt entsorgt. In den Jahren von Martas Abwesenheit sind die Ballons zerplatzt, und die angehaltene Zeit hat sich wie ein Grauschleier über das Personal herabgesenkt. Nur Marta hat sich ihren Traum erfüllt, hat gelebt. Diese dunkel eingefärbte Melancholie hat zwar ihren Reiz. Sie macht aber auch Lust auf eine "helle" Variante.

Weitere Vorstellungen: , 10., 13., 16., 18. Mai, 2008
www.semperoper.de

 

klassik.com
11. Mai 2008

Der große Zauber ohne großen Zauber
Uraufführug „La grande magia" in Dresden

Kritik von Boris Michael Gruhl

Zunächst die richtig gute Nachricht: Die neue Oper von Manfred Trojahn mit einem Text von Christian Martin Fuchs, der Ideen und Motive bei Eduardo de Filippo fand, sollte zunächst im Untertitel ‘Szenen über die gedehnte Zeit’ heißen und Herr Fuchs hatte auch so viel Text geschrieben, dass man daraus gut eine Götterdämmerung hätte machen können. Soviel Musik wiederum hätte wohl Herr Trojahn nicht gehabt. Das jetzt in Dresden uraufgeführte Werk dauert nicht mal 90 Minuten, gedehnt wirkt es dennoch, aber die Vorstellung, es könnte länger währen, hat drohenden Charakter.

Die neue Oper wirkt schon am Tage ihrer Uraufführung ziemlich alt und müde. Da sprühen keine Funken, alles klingt so wehleidig. Der grotesken Tragödie aus der Dramaturgie der Missverständnisse, die der Heillosigkeit des gespielten Heils der neapolitanischen Großfamilie folgt, dem Grundmotiv der nur selten erfolgreich ins Deutsche zu übertragenden Komödien de Filippos, hat man von Beginn an nicht vertraut. Mag sein, dass eine melancholische Typenkomödie, wie sie dem Uraufführungsteam scheinbar vorschwebte, in der Filmästhetik Fellinis einst funktionierte, in der belehrenden Ausstattungsästhetik von rosalie funktioniert sie nicht.

Grundsätzlich hat rosalie die ganze Szene in einen schwarzen Müllsack gesteckt. In den ersten drei Bildern bestimmen übereinander gekettete Mülltonnen, das mag brüchige Säulen assoziieren, den Raum, dessen Boden im hinteren Bühnenteil von übergroßen blauen Gummibällen, die verschieden illuminiert werde können, bedeckt ist. Aha, die Illusionen! Richtig, den im vierten und letzten Bild des Stückes sind sie zerplatzt. Ihre Reste umsäumen ein Podest auf der Bühne, das mit riesigen Leberwürsten bedeckt ist, die von den hungernden Menschen aber nicht als solche erkannt werden, und als mehr oder weniger bequeme Sitz- und Liegemöbel genutzt werden.

In diesem Ambiente lässt der Regisseur Albert Lang die zunächst Illusionshungrigen, dann gänzlich animalisch hungernden, innerlich und äußerlich mehr und mehr abgerissenen Menschen auftreten und abgehen, zueinander finden sie nicht, und sich selbst schon gar nicht. Aber der Lebenswille und die illusionäre Hoffnung auf ein mögliches Wunder, ganz irdisch und bar jeder Religiosität, ist in diesem Mikrokosmos einer mehr oder weniger echten Familie mit den ganz normalen Lüsten und Gelüsten, Gebrechen und Verbrechen, so stark, dass man bereit ist, einem völlig abgerissenen Tingel-Tangel-Zauberer aus dem letzten Flohzirkus auf den so billigen wie dünnen Leim zu gehen.

Der lässt als Höhepunkt seiner erschütternd durchsichtigen Darbietung eine Frau verschwinden und kann sie nicht zurück holen. Denn die Sängerin Marta nutzt den Trick als passende Gelegenheit, ganz normal mit dem Geliebten Mariano zu verschwinden. Fortan trägt Calogero di Spelta der melancholische Ehemann mit sonderlichen Herrscherallüren als eleganter Fremdling zwischen Müll und Vermüllten, seine Erinnerung und Illusion in einem Schuhkarton mit sich. Die Logik ist klar. Die Sängerin gehört auf die Bühne, und die Schuhe in den Karton. Dies ist die augenzwinkernde Schlusspointe, nach 90 symbolischen Minuten des zumeist unverständlichen Traumspiels. Der Träumer zieht die Schuhe aus. Fortan muss er die Härte des Lebens, zumindest auf der Opernbühne, unter den Füßen spüren.

Die Oper ist ein sonderbar Ding. Die neue Oper besonders. Was kann sie denn noch neu erfinden? Manfred Trojahn zitiert Richard Strauss, den genius loci, seinen Dichter Hoffmansthal dazu ‘Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding..’, und einen Walzer gibt es auch, der wird es nicht ins Wunschkonzert schaffen. Die Erinnerungen an das Parlando Strauss´scher Konversationsstücke machen es nicht leicht, dem neuerlichen Versuch das Genre zu beerben, ausreichendes Verständnis entgegen zu bringen. So gilt der knappe freundliche Beifall am Uraufführungsabend vor allem den Protagonistinnen und Protagonisten. Marlis Petersen als Sängerin, die erwartungsgemäß wie selbstverständlich mit ihren Tönen ferne Reiche der Illusionen in höchsten Regionen erreichen muss und Rainer Trost, auch Höhenrekordverdächtig, als der smarte Mann mit dem Karton. Den angeschlagenen Zauberer gibt Urban Malmberg, einem kranken Kind verleiht Romy Petrick Töne höchsten Leides und Christoph Pohl, mit vorzüglicher Wortverständlichkeit bei sehr angenehmem Timbre, ist ein properer Liebhaber der frösteligen Sängerin im rosa Strickkleidchen. Bewährte Kräfte des Ensembles in allen weiteren Rollen, mehr oder weniger verständlich, mehr oder weniger prägnant, klischeefrei nie.

Jonathan Darlington steht am Pult der Staatskapelle in mittlerer Besetzung. Er ist zunächst und vor allem den Sängerinnen und Sängern ein sicherer Anwalt, selbst in etwas vertrackten Ensembles, wie einem großen Quintett a capella zu Beginn des letzten Bildes, herrscht Souveränität. Trojahns weithin gefälligem und zu Gleichförmigkeit neigendem Klanggestus, der kontemplativen Ideen geschuldet sein mag, kann er aber kaum Spannungsmomente geben. Der schöne Klang ist nicht zu überhören, Streicher, Harfe, Klavier, ein wenig Schlagwerk bei kammermusikalischem Gespür, auch hat die Stille ihren Raum, und doch reicht alles noch nicht aus für eine ganze neue Oper. Das klingt ja so vertraut, fast zu vertraut. Die Schärfen aber fehlen, die Ausbrüche und die Aufbrüche vor allem. Das Thema, theoretisch, von Schein und Sein, von Illusion und faulem Zauber, Führung und Verführung, von Zeit, gefüllt, vertan, verronnen oder weggeworfen, das wär schon dran. Doch Handlungen dazu und Töne, die mögen sich im Kino finden, in Partyzonen, angesagten Discotheken, in Vorstädten, auf Chefetagen oder einfach auf der Straße.

 

dradio.de
11.05.2008

Als das Wünschen noch geholfen hat
Manfred Trojahns Oper "La grande magia" an der Semperoper Dresden

Von Georg-Friedrich Kühn

Ein etwas heruntergekommener Magier zaubert eine Frau in ein Kistchen und ermöglicht ihr so einen Neuanfang. Die Geschichte bietet zwar eine gute Ausgangsbasis für allerhand Komödiantisches, aber auch Tragisches, doch Dramaturg Manfred Trojahn gelingt es nicht, aus der Uraufführung seiner Oper "La grande magia" eine überzeugende Aufführung zu machen.

"Es gibt schwarze Tage und manchmal auch einen roten Tag …"

Eine Frau verschwindet. Ihre Ehe ist brüchig geworden. Ihr Mann hindert sie an ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Sie ist Sängerin, will zur Bühne. Nach sieben Jahren taucht sie wieder auf. Sie hat Karriere gemacht, ist anderen Männern begegnet. Ob Marta und Calogeró, so heißen sie, wieder ein Paar werden, bleibt mehr als ungewiss.

"…die Blätter sind voll…"

Manfred Trojahn, der in Düsseldorf lebende Komponist, und sein Wiener Librettist Christian Martin Fuchs bedienen sich in "La Grande Magia" eines Plots des italienischen Schauspielers und Komödienschreibers Eduardo de Filippo, den dieser vor sechzig Jahren verfasste.

Es gibt viel Zirzensisches in Filippos Stück. Einiges ist beibehalten. Wie bei de Filippo ist es auch hier ein etwas heruntergekommener Zauberer, der Marta beiseite schafft. Ein anderer Mann nämlich hat sich in sie verliebt und will mit ihr auf und davon. Dem Zauberer gelingt es, Martas Mann Calogeró zu suggerieren, er habe Marta in ein Kistchen hinein gezaubert. Und nach sieben Jahren könne er sie auch wieder daraus hervorholen.

Es gibt allerlei Folkloristisches in der Vorlage. Das hat man ausgedünnt. Leider hat man nicht auch die eher unübersichtliche Personnage ausgedünnt. Als Zuschauer kämpft man sich den ganzen Abend durch dies verzweigte Figurengespinst, wer mit wem warum.

"So still ist's nur in manchen Augenblicken…"

Seit seiner Oper "Enrico" nach Pirandello, mit der er bekannt wurde, interessiert sich Trojahn für Figuren mit schizophrenen Anlagen. Auch Calogeró ist ein solcher. An den faulen Zauber von der weggezauberten und wieder zurück zauberbaren Frau glaubt er bis zuletzt. Dem eigentlichen Komödienstoff mit seinem parlando-artigen Konversations-Ton wächst so eine tragische Komponente zu.

"Es ist natürlich eine Komödie, weil es komödiantische Aspekte hat. Es ist in seiner Grundtendenz eher eine ziemlich grausame Geschichte."

So Manfred Trojahn, der als Komponist auch immer sein eigener Dramaturg ist.

Manfred Trojahen: "Es ist ein Mann, der sich in seine schizophrene Psychose, wenn er sie denn hat, hineintut und die Frau gar nicht mehr braucht, sondern in einem Ersatzteil, einer Kiste, sagt, da sei sie drin. Und das ist für ihn die viel bessere Frau als die richtige."

"Ein einsamer Ton kommt über das Meer…"

Trojahns Musik hat viele eindrucksvolle Momente, gestattet sich auch gelegentliche Ausflüge ins Parodistische. Plastisch auf der Bühne der Dresdner Semperoper wird davon wenig.

Rosalie hat ein reichlich kunstgewerbliches Ambiente entworfen. Ineinander verknotete Mülleimer dekorieren als zopfige Girlanden die Bühne - wohl eine Anspielung auf den Uraufführungsort der Filippo-Vorlage Neapel. Riesige blaue Luftballons, die am Ende als zerplatzte Träume skulpturenartig die Bühne zieren, vermehren den Bühnenmüll.

Regisseur Albert Lang hat lediglich Auf- und Abtritte der Figuren organisiert. Von Personenführung oder gar -charakterisierung spürt man wenig. Immerhin kann Jonathan Darlington im Graben der Semperoper die Staatskapelle zu einem sehr differenzierten Spiel animieren.

Und einmal mehr zeigt Marlis Petersen in der Rolle der Marta ihre Extraklasse mit einem wunderbar agilen Sopran. Schade, dass sie libretto-bedingt die meiste Zeit von der Bühne verschwunden ist. Neben ihr können sich vor allem Urban Malmberg als stimmgewaltiger Zauberer und Romy Petrick in einer Nebenrolle als Amelia profilieren.

Das Publikum spendete dem zweistündigen Abend einhelligen Beifall. Man wünscht dem Stück jedoch eine weitere szenische Erprobung. In Dresden hatte man mit der Wahl des Uraufführungs-Teams - was aber auch nicht besonders überraschte - wenig Glück.

 

Il giornale della musica
12 maggio 2008

Trojahn e la grande magia dell'opera


Jonas Gudmundsson, Andrea Ihle, Rainer Trost (foto Monika Rittershaus)

A Dresda la più pirandelliana delle commedie di Eduardo diventa un poetico racconto musicale che coniuga sogno e disillusione. Accattivante e riuscita, la nuova opera di Manfred Trojahn interessa e convince il pubblico che riserva un'ottima accoglienza al suo lavoro ed all'ottima compagine che ha tenuto a battesimo lo spettacolo nella Semperoper.

Un merito che va riconosciuto a Manfred Trojahn e a Christian Martin Fuchs è di aver scelto un testo di Eduardo – meno noto di altri ma come gli altri indissolubilmente legato all'immagine dell'autore com'è inevitabile nella tradizione (molto italiana) del teatro d'attore – per il suo valore drammaturgico ed il potenziale poetico. Trojahn non sceglie l'Eduardo dell'italianità oleografica e popolaresca ma quello più pirandelliano per il suo racconto muscale, che coniuga la sostanza di cui son fatti i sogni con l'amaro sapore della disillusione. Il soggetto originale è modificato per amplificarne il potenziale operistico: più rilievo alla fedifraga Marta, qui cantante d'opera, che consente una grande aria di sortita nel sottofinale; sospensioni liriche come la morte di Amelia una diversione virtuosistica in tono elegiaco delle straussiana Zerbinetta; ensemble per i parenti ignobili come nel pucciniano Schicchi. La struttura dell'opera, si capisce, è tradizionale – partendo dalla distribuzione classica con coppia soprano e tenore e baritono "di contrasto" – ma l'eterogeneo e mai banale linguaggio musicale è moderno ed articolato con frequenti derive tonali e "leggere", come dev'essere quando si servono le ragioni del teatro. Lo spettacolo di Albert Lang funziona e serve bene il testo evitando i facili cliché dell'italianità, che si intuisce invece nei costumi e nella scena di rosalie, universo di cartone e PVC con bidoni in sospensione (rimando all'arte povera o facile riferimento all'attualità? Il dubbio rimane). Ottimi i tre protagonisti Trost, Petersen e Malmberg, ben serviti dalla scrittura di Trojahn, e i numerosi comprimari, fra cui Romy Petrick nell'incisivo cameo di Amelia. Jonathan Darlington dirige con i giusti tempi e colori la precisa Sächsische Staatskapelle.

Stefano Nardelli