Allgemeine Zeitung
14.06.2002

Werkstattgespräch
Vom Meer in die Hölle

Premiere von Righinis „Don Giovanni Tenorio"

Die letzte Premiere in dieser Spielzeit am Staatstheater ist der Lohn intensiven Forschens: In der Ungarischen Nationalbibliothek wurde eine Don Giovanni-Partitur entdeckt, die dort über 200 Jahre ruhte, bei ihrer Uraufführung in Prag 1776 gefeiert wurde – und mit ihr der Komponist Vincenzo Righini. Dem anderen Don Juan, Righinis „Don Giovanni Tenorio", schenkt am Sonntag, 20 Uhr, das „Junge Ensemble" ein neues Bühnenleben im Kleinen Haus. Anouk Nicklisch hat die Opernparodie inszeniert. Die AZ sprach mit der Regisseurin. Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Susanne Einhäuser.

Don Juan – der Mythos. Er inspirierte viele Komponisten. Wieso hat sich das Staatstheater für die Fassung von Vincenzo Righini entschieden, einem heute weithin unbekannten italienischen Komponisten?

In Wien war Righini ein tatsächlicher Konkurrent von Mozart, und er ist eine richtige Ausgrabung: 1787 bis 1792 war der Italiener Mainzer Hofkapellmeister. Seinen Don Giovanni komponierte er zwölf Jahre vor Mozart. Die Uraufführung am Prager Kotzen-Theater 1776 war so erfolgreich, dass das Stück sofort unter anderem in Wien, Hannover und Braunschweig nachgespielt wurde.

Nur nie in Mainz?

Da wurde 1789 Mozarts „Don Giovanni" erstaufgeführt.

Der fesselnde Frauenheld – wie interpretiert ihn Righini in seinem Dramma tragicomico „Il Convitato die Pietra, Il Dissoluto (Das steinerne Gastmahl oder Der Ruchlose)?

Im ersten Akt taucht Don Giovanni mit seinem Diener Arlecchino aus dem Meer auf, erscheint als anarchisches Naturwesen, ist skrupellos, nimmt sich, was ihm gefällt – zuerst seine Retterin, die Fischerin Elisa, dann die Tochter des Komturs, Donna Anna. Hier scheitert er. Der Vater kommt hinzu und wird im Zweikampf getötet. Righini zeigt den Schwerenöter auch nachdenklich und zum Ende hin melancholisch: Don Giovanni fordert die Götter heraus, provoziert seine eigene Trauerfeier.

Wie bringen Sie Don Giovanni auf die Bühne?

Wie ich empfinde und lese – ästhetisch. Giovanni schlüpft bei jeder Frau in eine Rolle, verkleidet sich auch. Wir spielen mit barocken Theaterelementen, behaupten, jetzt ist hier das Meer, die Hölle oder ein schwarzer Totenfluss.

Und wie klingt Righini im Vergleich zu Mozart?

Es ist Musik, die Spaß macht, und mit Leichtigkeit vertont ist. Jeder, der das Stück bisher gehört hat, hatte gute Laune. Wir haben ein Streichorchester, zwei Oboen, zwei Hörner und zwei Trompeten, drei Frauenstimmen und drei Tenöre.

Sie arbeiten mit Sängerinnen und Sängern zusammen, die in der Ausbildung stehen und dem Orchester des Fachbereichs Musik der Universität...

Es ist eine gute Zusammenarbeit und ein starkes Engagement. Wir waren unheimlich schnell. Bis auf die Besetzung von Don Giovanni mit John Pierce sind alle übrigen Studierende.

Gibt es noch Karten für die Premiere?

Nein, aber für alle weiteren Vorstellungen am 17. 19., 28. und 30. Juni.