Der Bühnenbildner und Regisseur Peer Boysen wurde 1957 in Bochum geboren. Auf Engagements als Bühnenbildner in Mainz, Ulm, Stuttgart, Gießen, Kaiserslautern, Wien und Hannover folgte 1990 die erste Regiearbeit an der Münchner Schauburg. 1994 inszenierte Peer Boysen am Staatstheater Wiesbaden zum ersten Mal auch Oper. Es folgten Musiktheater-Regiearbeiten für das Weimarer Nationaltheater, die Dresdner Semperoper und das Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz, die Opernhäuser in Montpellier und Innsbruck sowie weitere Schauspielproduktionen.

Allgemeine Zeitung
20. September 2002

Verdis „Don Carlo" hat im Großen Haus Premiere
„Ein wahrer Albtraum"

Die vieraktige italienische Fassung (mit deutschen Übertiteln) der Giuseppe Verdi- Oper „Don Carlo" hat am Samstag, 21. September, um 19.30 Uhr im Großen Haus Premiere. Für Regie, Bühnenbild und Kostüme zeichnet Peer Boysen verantwortlich. Er schuf Mitte der 80er Jahre unter Intendant Dietrich Taube dem Mainzer Theater bereits spektakuläre Bühnenbilder.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Bernd Funke

Don Carlo – ein bemitleidenswerter Titelheld in der mit der Weltpolitik versponnenen tragischen Liebesgeschichte?

BOYSEN: Er erlebt eine schreckliche Geschichte, einen wahren Albtraum, die Vergewaltigung seiner Persönlichkeit. Es ist die Geschichte eines in die Welt geschmissenen, kraftlosen, gedemütigten und entmündigten Menschen.

Was stand für Sie im Vordergrund? Inszenierung, Bühne oder Kostüme?

BOYSEN: Da ich vom Bühnenbild komme, denke ich optisch, muss mir den Raum vorstellen. Ich orientiere mich am Grundriss des Theaters. Die Kostüme müssen im Zusammenhang mit dem Text stehen, die die Sprache des Stücks sprechen. In diesem Fall sind sie weich wie eine Made. Das Bühnenbild wird karg sein – ich mache keine Ausstattungsrevue, sondern reduziere auf das Wesentliche.

Und was ist für Sie das Wesentliche?

BOYSEN: Dass alle acht Personen einen eigenen Biokosmos, ihre eigene Existenz haben, aus der sie nicht ausbrechen können, dass sie gefangen sind und sich um sich selbst bewegen.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit Generalmusikdirektorin Catherine Rückwardt?

BOYSEN: Es ist meine erste Verdi-Oper und ich bin beeindruckt von der Emotionalität der Musik. Aus der Zusammenarbeit mit Catherine Rückwardt und den Sängern wurde ein Fluss. Die Musik aus dem Graben wirkt wie Lava, die aus verkrusteten Granitblöcken brodelt.

Regie, Bühnenbild und Kostüme – ist das nicht zu viel für einen Einzelnen?

BOYSEN: Ich mache immer alles zusammen, wobei die Arbeit des Bühnenbildners überschätzt wird. Der Kostümbildner hat viel mehr zu tun.

Fehlt nur noch, dass Sie auch selbst singenƒ

BOYSEN: Sicherlich nicht Verdi, aber aufgrund meiner Ausbildung hatte ich die nicht wahrgenommene Chance, eine Rolle in der „Dreigroschenoper" zu übernehmen.

Gibt es eigentlich noch Premierenkarten?

Ja, einige Karten gibt es an der Abendkasse. Die nächste Vorstellung ist am 29. September.