Offenbach Post
3. Juni 2003

Kurzweiliges Fest der Stimmen
Frankfurter Wiederaufnahme von Donizettis Belcanto-Buffa "L’Elisir d’Amore"

Von AXEL ZIBULSKI

Gerade hatte Richard Wagners "Tristan und Isolde" Premiere an der Oper Frankfurt. Und jetzt steht gleich noch ein Stück auf dem Programm, in dem ein Liebestrank das Geschehen bestimmt: Dieses Wundermittel gab Gaetano Donizettis "L'Elisir d'Amore" sogar den italienischen Titel. Das war's dann aber auch mit den Gemeinsamkeiten zwischen Wagners Seelendrama und Donizettis BelcantoBuffa, die in Frankfurt nun wieder in der sechs Jahre alten Inszenierung von Andrea Schwalbach zu sehen ist.

Natürlich läuft das bei Donizetti ganz anders ab als bei Wagner: Da erzählt Adina, eine reiche Landpächterin, dem einfachen Volk ihres Dorfes die Geschichte von Tristan und Isolde. Und der in Adina verliebte Nemorino schnappt daraus die Sache mit dem Liebestrank hellhörig auf: Welch Fügung, dass hier ein Wunderdoktor namens Dulcamara samt buffonesker Auftritts-Arie auftaucht: Er dreht dem so unglücklich Verliebten einen einfachen Rotwein als angeblichen Liebestrank an - und der versucht damit sein Glück, Adina zu gewinnen, die sich zwischenzeitlich mit dem soldatischen Erotikon Belcore eingelassen hat. Die verwickelte Geschichte geht gut aus, doch mehr wollen wir hier nicht verraten. Nur so viel: Die Solisten sind der große Pluspunkt dieser Frankfurter Wiederaufnahme.

Jianyi Zhang singt den Nemorino mit dem strahlenden Timbre seines schlank und sauber geführten Tenors und hat sich die Szenen-"Bravos" für seine populäre Arie "Una furtiva lagrima" locker verdient. Ihm ist Maria Fontosh als Adina eine ebenbürtige Partnerin, flexibel, höhensicher und trotzdem nicht allzu soubrettenhaft. Simon Bailey gibt einen leichtflüssig parlierenden Doktor Dulcamara, der noch mehr vokale Färbungen aufzubieten hat als der Belcore von Fabio Maria Capitanucci. Als Gianetta komplettiert Frauke Schäfer das Solisten-Quintett. Eine ziemlich lange Anlaufphase benötigt der erstmals in Frankfurt gastierende Dirigent Maurizio Barbacini, bis er den exakten Kontakt zwischen Graben und Bühne hergestellt hat: Ein arg diffuser Choreinsatz im ersten der beiden Akte dürfte wohl kaum aufs Konto von Andrés Maspero gehen, der das vokale Kollektiv gewohnt profund einstudiert hat. Im übrigen lässt Barbacini das Orchester unauffällig sekundieren - und stört dabei die solistischen Leistungen ebenso wenig wie Andrea Schwalbachs quirlige, aber letztlich recht belanglose Inszenierung.

 

Frankfurter Neue Presse
2. Juni 2003

Donizettis "Liebestrank" wurde an der Frankfurter Oper wieder auf genommen.
Zaubertrank für die Liebe

Von G.e.

Eine echte Bereicherung des Spielplans: Gewissermaßen in direktem Gegensatz zur schwermütigen Atmosphäre Tristan und Isoldes steht diese frische und lebendige Fassung von Donizettis "Liebestrank", der zum 200. Geburtstag des Komponisten 1997 von Andrea Schwalbach inszeniert worden war. Indem man den "Liebestrank" einige Tage nach der Wagner-Premiere auf den Spielplan setzte, bewiesen die Frankfurter Opernplaner wieder ihren Sinn für Vielseitigkeit. Maria Fontosh, deren hübscher Sopran schon die Rolle der Fiordiligi in Mozarts "Cosi fan tutte" mit Anmut erfüllte, bezauberte auch in der nicht einfachen Hauptrolle der koketten Bauersfrau Adina.

Kein Wunder, dass schüchterne Gesellen wie Nemorino alle möglichen Zaubertränke leeren, um in den Genuss einer Liaison mit dieser Frau zu kommen. Jianyi Zhang jedenfalls überzeugte stimmlich wie schauspielerisch und passte gut zum weiblichen Gegenpart. Fabio Maria Capitanucci (Belocore), Simon Bailey (Dulcamara) und die herzige Frauke Schäfer als Bäuerin Giannetta vervollständigten das ausgewogene Solistenensemble der Wiederaufnahme.

Das Museumsorchester musizierte diesmal unter der Leitung von Maurizio Barbacini, ein engagierter Italiener mit dem richtigen Gespür für die Musik Donizettis. Streicher und Bläser vereinigten sich in opulentem Orchesterklang und auch der von Andres Maspero sorgfältig einstudierte Opernchor trug zum positiven Gesamteindruck viel bei.

 

Frankfurter Rundschau
3. Juni 2003

OPER
L’elisir d’amore

Von gor

Die Soldaten haben leichtes Spiel. Den Hasardeuren im abgewetzten Rot, die Rosen schneller ziehen als andere Revolver, erliegen die Dorffrauen wie im Fluge. Rasch werden erste Küsse vergeben, wird von Hochzeit phantasiert.

Auf Adina (klar und beweglich: Maria Fontosh) hat es der stattliche Sergeant Belcore (kraftvoll: Fabio Maria Capitanucci) abgesehen, und fast schien es, als wäre es um sie geschehen. Doch vom Liebestrank des Dottore Dulcamara (mit virtuoser, gut gelaunter Lässigkeit: Simon Bailey) gestärkt, erobert Nemorino (etwas eng und ungelenk: Jiany Zhiang) Adina schließlich im Sturm und singt nebenbei noch eine der begehrtesten Nummern der Operngeschichte: Una furtiva lagrima.

Andrea Schwalbachs nun sechs Jahre alte, zum wiederholten Male ins Repertoire wiederaufgenommene Inszenierung für die Oper Frankfurt sucht keine eigene Bühnensprache, sondern arbeitet sich an den Bildern ab, die Donizettis L’elisir d’amore bietet. Was dabei herauskommt, ist ein beschaulicher, risikoloser, oft auch blasser Abend, der über die Konventionen der Oper selten hinaus blickt. Dem schmiegt sich Mauricios Barbacinis Gastdirigat gefällig an, kapellmeisterlich souverän verwaltet, doch auch er ohne sprudelnden Gedanken.

Weitere Termine: 7., 9., 15. und 20. Juni, jeweils 19.30 Uhr. Karten- 069-1340400.

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
Dokument erstellt am 02.06.2003 um 19:01:02 Uhr
Erscheinungsdatum 03.06.2003

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dienstag, 3. Juni 2003

[...] Maria Fontosh sang und spielte die widerspenstige Gutsherrin Adina sehr beweglich, fast schwerelos in lyrischer Subtilität, zugleich nachdrücklich. Der chinesisch-amerikanische Gast-Einspringer Jianyi Zhang hüllte den Nemorino melancholisch oder emphatisch in Wohlklang; sein "Una furtiva lagrima" wirkte unwiderstehlich. Darstellerisch machte er dagegen einen etwas stereotypen Eindruck.

Von solch treuherziger Gehemmtheit hob sich Nemorinos Nebenbuhler Belcore köstlich großspurig ab. Der Gast Fabio Maria Capitanucci trumpfte mit einem entsprechend raumgreifenden Bariton auf. Trotz seiner dämonisch schwarzen Kleidung und Sonnenbrille trat der durchtriebene Dottore Dulcamara freilich zu harmlos auf. Doch mit stimmlichem Elan machte Simon Bailey, wie Maria Fontosh seit dieser Saison Frankfurter Ensemblemitglied, vieles wett. Der Opernchor bewältigte seine große Partie agil und klangschön. Und das Museumsorchester ließ sich vom Gastdirigenten Maurizio Barbacini zu Temperament und Feinzeichnung. anregen.

Die von Frank Martin Widmaier aufbereitete Inszenierung besticht eher durch poetische Grazie als durch komödiantische oder hintergründige Einfälle. An der auch farblichen Harmonie haben Ausstattung (Tobias Dinslage, Anne Neuser) und delikate Beleuchtung (Olaf Winter) gebührenden Anteil.

Ellen Kohlhaas