OPER Seit jeher zählt „Don Giovanni" zum Kernrepertoire der Frankfurter Oper, es bedarf keines Mozart-Jubiläums, um eine Wiederaufnahme der numehr fast zwölf Jahre alten Inszenierung Peter Mussbachs zu begründen. Immer wieder forderten Neubesetzungen einzelner Rollen zu reizvollen Vergleichen heraus, noch nie erfolgte aber ein so weitgehendes Revirement wie diesmal. Nicht weniger als fünf Sänger gaben nun in tragenden Rollen ihr Debüt, auch Christian Arming, in Frankfurt durch seinen „Fliegenden Holländer" vor zwei Jahren bekannt, stand erstmals für das Dramma giocoso am Pult. Ohne Stab dirigierend, drängte er schon in der Ouvertüre auf kräftige Konturen mit blitzendem Holz und drohendem Dunkel in Blech und Streichern, rasch gelang ihm eine akzeptable Balance zwischen Bühne und Graben, auch wenn es im zweiten Akt einige Wackler gab. „Champagner-Arie" Auffallend klangschön geriet die Begleitung der beiden Zerlina-Arien. Mit Pfiff setzte sich Hartmut Keil, der Spieler des Hammerklaviers, in Szene. Im übrigen wurde der Abend durch die Leistungen der einzelnen Sänger geprägt. Balint Szabo gab einen hinlänglich verführerischen Titelhelden, nur im Taumel der „Champagner-Arie" verlor er die Kontrolle. Kein Wunder, daß sein Charme bei den temperamentvollen Damen Donna Anna (Hope Briggs) und Donna Elvira (Barbara Zechmeister) wirkte; Höhepunkte des Abends: die beiden Arien „Mi tradi" und „Non mi dir". Komplettiert wurde diese ansehnliche Novizenriege durch Edgaras Montvidas, der dem Ottavio auffallend klangvolle Kontur verlieh, ohne in der Arie „Il mio tesoro intanto" an Beweglichkeit einzubüßen - selten hat man die Arie „Dalla sua pace" mit solch tenoralem Vollton gehört. Gregory Frank ist als klangmächtiger Commendatore zu hören. Ausverkauft Nathaniel Webster, wiederum erfrischend aufsässig, und Anna Ryberg als ländliches Paar ergänzten glücklich das Ensemble. Erfreulich war der Zuspruch für diese ausverkaufte Wiederaufnahme: Offenbar hat die Oper neue und auch jüngere Freunde gewonnen, deutet man die Reaktionen auf die - eigentlich nicht ganz unbekannte - „Registerarie" und den Zwischenbeifall richtig. Auch die Vorstellung am 2. April ist bereits ausverkauft, am 31. März ist der bekannte italienische Bariton Lucio Gallo anläßlich einer Galavorstellung um 19.30 Uhr in der Titelpartie zu hören. G.S. |
Schurke muss ins Feuer Im Mozart-Gedenkjahr darf auch dieser Klassiker aus dem Jahr 1994 nicht fehlen. Regisseur Peter Mussbach formte seine Deutung von „Don Giovanni" in klar gezeichnetem Rahmen und Farbensymbolik. Natürlich ist der schwarz gekleidete Wirbelwind auf der Bühne jener blutrünstige Schwerenöter, der immer wieder die Frauenwelt durcheinanderbringt. Wie gerecht ist es da, dass auch einmal eine für den hin- und hergerissenen Diener Leporello abfällt. Während die Charakterisierung der Titelfigur in Mussbachs Inszenierung in Richtung skrupelloser Verbrecher geht, wird die Gewissensnot des in einen orangefarbenen Mantel gehüllten Dieners stark ausgeformt. Die Loyalität zum Herrn steht hier im Widerspruch zu dem vom Diener erkannten Unrecht seines Verhaltens. Soon-Won Kang nahm sich in der Eröffnungsszene zwar noch etwas zurück (oder lag es an dem von der vorausgegangenen Ouvertüre noch tüchtig euphorisierten Orchester?), konnte aber im zweiten Akt zunehmend Format gewinnen. Mit Bálint Szabó war ein Don Giovanni so recht nach Mafia-Art auf der Bühne zu erleben, der auch eine kräftige Stimme vorzuweisen hatte. Die Besetzung der Frauenrollen gelang in vollem Maße. Die kernige Hope Briggs als Dona Anna – eine Paraderolle für die dunkelhäutige Sopranistin, an der sich wohl auch ein Don Giovanni die Zähne auszubeißen hat. In hübschem Kontrast zu so viel Körper die zarten Darstellerinnen der Elvira und Zerlina, Barbara Zechmeister und Anna Ryberg mit ihren gepflegten Stimmen. Kraftvoller Höhepunkt aber am Ende das fragende „Don Giovanni" des zur Säule gewordenen Komturs: Da hat auch ein Schurke vom Format des Don Juan den Weg ins Feuer zu gehen. (Ge) |