Ein bezaubernder Dicker Ausblick: Die neue Theatersaison wird im Staatstheater Darmstadt am Samstag (17.) mit der Premiere von Verdis Oper „Falstaff" eröffnet DARMSTADT. Viele Pfunde soll Falstaff auf die Waage bringen, aber auch noch beweglich sein. Im dritten Akt von Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper nach Vorlagen von William Shakespeare, die Arrigo Boito zu einem Libretto zusammengestellt hat, muss er dazu noch liegen, kriechen, sich den Frauen zu Füßen werfen und wird am Ende noch dazu verprügelt. Eine Tortur, nicht nur auf die Stimme bezogen. Für den aus Luxemburg stammenden Bariton Carlo Hartmann (50) zählt Falstaff zu den größten und anstrengendsten Partien. Wenn er am Samstag (17.) seinen fülligen Leib im Staatstheater Darmstadt auf die Bühne des Kleinen Hauses bringt, ist Falstaff Hartmanns Rollendebüt. Sein lang gehegter Wunsch ist ihm jetzt erfüllt worden. Nachdem er in Saarbrücken vor zwölf Jahren den Ford in Verdis „Falstaff" gesungen hat, da hat er derart Gefallen an der Titelpartie gefunden, dass er seitdem auf diese Rolle förmlich „gelauert" hat, sagt der Sänger im Gespräch. Und verschmitzt wie geistreich erklärt Hartmann, der Falstaff sei eine Partie, die erst spät in den „Sängerleib hineinkommen" könne. Schließlich sei der feiste Edelmann, der durch seinen übermäßigen Lebenswandel degeneriert sei, ja nicht mehr der Jüngste. „Man muss schon 140 Kilo gelebt haben, bevor man weiß, was man mit dieser Figur macht", meint der Bariton schmunzelnd und ergänzt, erst durch die Fülle bekäme die Partie das nötige Gewicht. John Dew, der Darmstädter Intendant, der den „Falstaff" auch inszeniert, hat den gewichtigen Sänger bei seiner Regiearbeit an Wagners „Ring" im Staatstheater Wiesbaden als Alberich kennen gelernt und ihm die Rolle des Falstaff für seine Darmstädter Inszenierung angeboten. Hartmann ist begeistert von der Zusammenarbeit mit dem Regisseur. Er stecke nämlich die Sänger „nicht in ein Korsett, sondern kitzelt heraus, was drin ist", sagt der Bariton. „Jede Drehung, die Falstaff macht, kommt so auch aus mir." Warum kommt der dicke Falstaff überhaupt bei den Frauen so gut an? Er sei ein Charmeur, vor allem aber habe er das gewisse Etwas, den „Zauber der Persönlichkeit", wie sich Hartmann ausdrückt. Das weiß Falstaff ganz genau, deshalb wirke er auch mal arrogant, sei ein Prahlhans, erklärt der Sängerdarsteller. Am Ende ist er der Verlierer, aber Falstaff kann sich selbst verlachen und so den größten persönlichen Schaden überstehen, denn alles ist ja Narretei auf Erden, verkündet er am Schluss. Diese Grundeinstellung, wodurch sich Falstaff mit Humor dem Schicksal entgegenstemmt, bringt Hartmann mit einem kalauernden Wortspiel auf einen Nenner: „Tumor ist, wenn man trotzdem lacht". Zum Bühnenbild will Hartmann nichts verraten: „Der Zuschauer soll sich überraschen lassen." Jedenfalls werde die Aufführung der in italienischer Sprache gesungenen Oper (mit deutschen Übertiteln) mit Pause etwas weniger als drei Stunden dauern, meint Hartmann. Der luxemburgische Sänger, der zunächst als Banker tätig war („21 vergeudete Jahre"), hatte 1992 sein erstes Engagement am Theater in Saarbrücken und wirkt seit 1997 als freischaffender Sänger: „Danach ging’s bergauf", kommentiert Hartmann seinen Werdegang. (hz) | |