STAATSOPER UNTER DEN LINDEN

Expedition ins Unbekannte

"Die ewige Sehnsucht des Menschen nach Einheit mit sich und der Natur, also mit sich und der Welt, dieses allseits bekannte Gefühl und die Tatsache, einsam zu sein auf der Welt, aber angesichts des Todes erst lebensfähig zu werden, um im nächsten Augenblick bereit dazu zu sein, in die Ewigkeit eingehen zu können, ohne Verlust - von diesem und von nichts anderem handelt ,Hölderlin'.

Drehen wir also die Geschichte zurück, stellen wir uns vor, wir hätten die Chance, noch einmal von vorne anzufangen! Wo würden wir ansetzen wollen, wenn wir sie noch einmal durchleben dürften?: Und was würden wir dann auf die sattsam bekannte Frage antworten, die wir alle kennen - als Gedanken zumindest, der uns manchmal überfällt: 'Wenn Sie Ihr Leben noch einmal vor sich hätten, was würden sie dann anders machen wollen?'

Dann würden wir antworten: Nichts, oder aber - alles!

Also tun wir so, als könnte alles noch einmal von vorne beginnen. Unter dem Aspekt, eine andere Welt zu erfahren, eine Welt der Spiritualität, der Verschränkung des Menschlichen mit seinen natürlichen Voraussetzungen.

Der Pate hierfür wäre HÖLDERLIN".

Die Uraufführung von Peter Ruzickas Musiktheater "Hölderlin - eine Expedition" am 16. November ist ein besonderer Höhepunkt der diesjährigen Opernsaison an der Staatsoper Unter den Linden. Die eingangs zitierte Vorbemerkung des Librettisten Peter Mussbach zu "Hölderlin" beinhaltet in nuce den Kosmos, in dem sich das Werk bewegt. Weit davon entfernt, eine verkomponierte Biographie des Dichters zu sein, stellt die zweite gemeinsame Arbeit von Ruzicka und Mussbach nach der Oper "Celan" den Versuch dar, die philosophischen, kosmologischen und geschichtlichen Dimensionen Friedrich Hölderlins auf die Opernbühne zu bringen und sie konsequent weiterzudenken.

Regisseur Torsten Fischer, Bühnenbildner Herbert Schäfer und Kostümbildner Andreas Janczyk werden in ihrer ersten Arbeit an der Staatsoper Unter den Linden dem komplexen Libretto und der differenzierten Partitur eine Deutung geben, die die Gedankenwelt Hölderlins in sinnreichen Bildern auf die Opernbühne bringt. Ein exzellentes Sänger- und Schauspielerensemble wird sich gemeinsam mit der Staatskapelle und dem Staatsopernchor unter der musikalischen Leitung des Komponisten auf diese Expedition in unbekannte Gefilde begeben. In einer Reihe von Zusatzveranstaltungen wird dem Publikum die Möglichkeit geboten, sich intensiv mit dem Werkkomplex und der Musik des Komponisten vertraut zu machen. So wird der Ruzicka-Experte Professor Peter Becker gemeinsam mit dem Komponisten und dem Sänger Dietrich Henschel am 9. November einen Einblick in die Inhalte der Oper und deren Musik geben, am 17. November wird das Minguet-Quartett in einem Kammerkonzert im Apollosaal mit Musik von Peter Ruzicka und Ludwig van Beethoven zu hören sein, und gemeinsam mit der Humboldt-Universität und der Universität Salzburg wird die Staatsoper am 22. November ein Symposion unter dem Titel "Expedition Hölderlin" mit namhaften Referenten und Referentinnen aus dem In- und Ausland veranstalten. Es ist ohne Zweifel eine spannende Expedition, auf die die Staatsoper ihre Besucher im November einlädt.

PREMIERE am 16. November um 19 Uhr.
Weitere Aufführungen am 21., 25., 29. November und 2. Dezember.

 

rbb kulturradio
16.11.2008

"Hölderlin. Eine Expedition"
Sehnsucht des Menschen nach der Natur

Margarete Zander zur Premiere der neuen Oper Hölderlin von Peter Ruzicka

Hölderlin, das wird keine biografische Oper und auch keine Oper, die fern jeder Realität nach der "blauen Blume" der Erkenntnis sucht. Hölderlin ist ein Werk, das Fragen stellt, mitten hinein in unsere Gesellschaft, und das die sozialen und politisch-gesellschaftlichen Grundfragen behandelt, Fragen nach Frieden und Demokratie. Nach der Wahrheit für jeden Einzelnen. Hölderlin, das wird – so verspricht es der Untertitel – "eine Expedition".

"Möchte ich ein Komet seyn? Ich glaube." (Hölderlin: In lieblicher Bläue)

Diese Zeilen leiten das Libretto ein. Der Librettist Peter Mussbach und der Komponist Peter Ruzicka waren sich über die Fragestellung einig. Es geht um uns, um die Frage nach den Visionen des Individuums und die Antwort von Hölderlin. Auf die Frage nach der Grundthematik der Oper erklärte mir Peter Ruzicka:

"Was bedeutet uns Hölderlin heute? Ist in unserem Leben, im 'verfehlten' Leben, um mit Adorno zu sagen, im 'falschen' Leben, ist hier Hölderlin möglich wie eine Instanz, die wie ein Kompass wirkt, die wie ein Spiegel auf uns lastet und uns Visionen gibt, wie aus diesem 'falschen' Leben herauszukommen ist?

Hölderlin ist deshalb eine Geschichte, die im Heute geschieht. Nach einer nicht näher definierten Katastrophe haben 13 Individuen nochmals die Möglichkeit, ihr Leben zu leben, haben die Option, Weichen anders zu stellen, als diese im früheren Leben gestellt worden sind und sie haben die Hölderlinsche Philosophie vor Augen und streben nach diesem Einssein mit der Natur, streben um Versöhnung, und das Ergebnis wird dann zu sehen sein. Da hat natürlich auch die Musik ihre wichtige Funktion, das ist nicht alleine dem Librettisten überantwortet, sondern auch dem Komponisten, in erster Linie Interpretationen zu geben, Ausrichtungen zu geben, und diese Kompassfunktion zu erfüllen, von der ich gesprochen habe."

Den sechs Sängerinnen und sieben Sängern, den "Göttern", stehen 13 Schauspieler, die "Menschen", zur Seite, die ihre Gedanken in Form von inneren Monologen vortragen. Die Personen lassen Stationen ihres Lebens Revue passieren: Großraumbüro, Talkshow, Fitnessstudio, Swingerclubs sind einige der Orte, an denen man ihnen begegnet, ständig aktiv, aber einsam.

Wie das klingt? Man darf gespannt sein.

Margarete Zander

 

Il giornale della musica
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Teatro di voci interiori

STEFANO NARDELLI


Peter Ruzicka

A oltre sei anni dalla loro ultimo lavoro Celan andata in scena alla Semperoper di Dresda nel marzo del 2002 e ripresa in vari teatri tedeschi, Peter Ruzicka e Peter Mussbach tornano a lavorare insieme per una nuova opera, Hölderlin. Eine Expedition, di nuovo ispirata alla figura di un poeta. Friederich Hölderlin è già stato fonte di ispirazione per molti compositori contemporanei spesso per i suoi testi più che per il dato biografico: Maderna per Hyperion, Rihm per gli Hölderlin-Fragmente, Haas per Nacht e non ultimo Nono che era affascinato dall'apertura verso la molteplicità dei significati dei testi del poeta. Anche Ruzicka e Mussbach trascurano la dimensione biografica per tentare piuttosto una escursione o una spedizione nella concezione storica, filosofica e cosmologica del poeta Hölderlin, concepita come una riflessione coerente sul suo pensiero.

Articolato in quattro atti - Gli dei fuggiti, Indietro (in caduta libera, in un maelström al contrario), Paura (il presente), Le stagioni - il dramma musicale di Ruzicka e Mussbach rappresenta una sorta di viaggio dalle incerte coordinate spaziali e temporali di un gruppo di 13 personaggi senza nome, che attraverso situazioni buffe e divertenti scivola progressivamente nell'assurdo. Un viaggio che pone allo spettatore contemporaneo molte domande esistenziali piuttosto che offrire risposte. "L'eterno anelito dell'uomo ad un'unità fra se stesso e la natura, fra se stesso ed il mondo, questo sentimento universalmente noto e l'essere solo al mondo, davanti alla morte onnipresente, capace soltanto di vivere per essere pronto, un momento dopo, ad entrare nell'eternità senza nessuna perdita tranne che di se stesso - riassume Mussbach - questo, e soltanto questo, è ciò di cui tratta Hölderlin." Poche anche le tracce di testi di Hölderlin nel libretto: "C'è comunque una serie di monologhi di Empedocle, che in punti centrali assumono il ruolo di "bussola". - spiega Ruzicka - Inoltre, si ritrovano una serie di frammenti di testi, che vengono da attori e cantanti come "voci interiori". Mi auguro che questi testi siano percepiti dallo spettatore come una conoscenza che proviene dall'inconscio."

"Componendo mi è sempre venuta in mente una frase di Richard Wagner: "dobbiamo diventare sapienti attraverso il sentimento. Così è se il sentimento ce l'ha detto, così deve essere." Conoscenza e intuizione apaiono riconciliati." Ruzicka inoltre anticipa novità sul piano del linguaggio musicale: "L'opera si allontana dall'estetica frammentaria delle mie prime partiture e sottolinea di più il flusso sinfonico e la tendenza verso la forma."

Il debutto di Hölderlin. Eine Expedition è fissato per il prossimo 16 novembre proprio nel teatro che Mussbach ha diretto per quasi sei anni come sovrintendente, prima della brusca interruzione lo scorso maggio per i forti contrasti con Barenboim, direttore musicale del teatro. Per il debutto dell'opera lo stesso Ruzicka guiderà la Staatskapelle di Berlino. Lo spettacolo sarà affidato a Thorsten Fischer per la regia e avrà le scene di Herbert Schäfer e i costumi di Andreas Janczyk.

Dopo la prima del 16 novembre, altre repliche sono in programma il 21, 25, 29 novembre e il 2 dicembre. Una breve ripresa è prevista a fine stagione (26 giugno, 1 e 4 luglio 2009).

info: www.staatsoper-berlin.de